Jeff Bridges fotografiert und stellt aus. Er macht Musik, gründet ein Plattenlabel, spielt die verschiedensten Typen vom US-Präsidenten bis zum sexy Baker-Boy. Für seinen neuen Film “K-Pax“ befasste er sich mit Psychiatrie.

Die Begrüßung ist etwas eigenartig. Jeff Bridges gähnt aus vollem Halse, streckt sich und stößt einen Schrei aus, der Tarzan zur Ehre gereicht hätte. "Sorry", sagt er, "ich habe heute neun Stunden in einer Tour geredet. Jetzt bin ich ein klein wenig müde." Natürlich ist der Schauspieler Profi genug, auch das letzte Interview des Tages durchzustehen. "Hübscher See da draußen", lenkt er mit Blick auf die Außenalster wieder ab, "würde sicher Spaß machen, da jetzt spazieren zu gehen." So wie auf seiner Farm in Montana auszureiten. Oder im Tonstudio in seiner Garage einen Song aufzunehmen. Aber nun hat es Jeff Bridges ins Atlantic-Hotel verschlagen, um für seinen aktuellen Film "K-Pax" zu werben; darin behandelt er als Psychiater einen Patienten (Kevin Spacey), der glaubt, von einem anderen Stern auf die Erde gekommen zu sein.

Bridges ist seit 20 Jahren wieder in Deutschland und zum ersten Mal in Hamburg. Erstaunlich angesichts der Vielzahl von Filmen, in denen er in den vergangenen Jahren mitgewirkt hat. Aber Bridges rangiert eben nicht in der Kategorie der Superstars oder erfolgreichen Emporkömmlinge. Er ist kein Tom Cruise oder Arnold Schwarzenegger, die zu den Premieren ihrer Kassenschlager nach Europa jetten. Er ist auch kein Vertreter des Popcorn-Kinos.

Bridges ist unglaublich wandlungsfähig und alles andere als auf einen bestimmten Typus festgelegt. "Mein Vater Lloyd hatte dieses Problem. Er war sehr erfolgreich als Taucher Mike Nelson in der Serie ,Abenteuer unter Wasser', aber er wurde so auf die Rolle festgelegt, dass jeder glaubte, er sei tatsächlich Taucher. Ich hatte das Glück, ganz unterschiedliche Rollen spielen zu können", sagt er.

Für den Teenager-Part in "Die letzte Vorstellung" wurde der 1949 in Los Angeles geborene Schauspieler als 21-Jähriger zum ersten Mal für den Oscar nominiert, in der Fortsetzung "Texasville" zwanzig Jahre später gab er den Inbegriff des Macho. Als Bar-Pianist in "Die fabelhaften Baker Boys" begründete er seinen Ruhm als männliches Sexsymbol. In "Spurlos" war er ein gemeingefährlicher Killer, in "König der Fischer" ein zynischer Discjockey, in "The Big Lebowski" ein langhaariger, bekiffter Lebenskünstler, in "The Contender" der amerikanische Präsident. Und jetzt in "K-Pax" ist er ein nachdenklicher Psychiater.

"Sich dieser Rolle zu nähern, war nicht so schwierig. Ich bin selber Patient gewesen, weil ich mehr über mein Unterbewusstsein und mein Inneres herauskriegen wollte. Aber wir haben bei den Vorbereitungen zum Film einen Psychiater in New York besucht, der hatte viele Videoaufnahmen berühmter Kollegen bis hin zu Freud und Jung. Dort konnten wir die unterschiedlichen Herangehensweisen beobachten. Auch mit Insassen psychiatrischer Abteilungen haben Regisseur Iain Softley, Kevin Spacey und ich gesprochen", sagt Bridges, der auch mit 53 sehr jugendlich und durchtrainiert wirkt.

Im Alter von acht Jahren begann seine Karriere, als er an der Seite seines Vater in einer Episode von "Abenteuer unter Wasser" mitwirken durfte. So unterschiedlich die Charaktere sind, die er in seiner langen Karriere verkörperte, so vielfältig sind auch die Talente des Jeff Bridges. Schauspielerei allein reicht nicht, er betätigt sich auch als Musiker und als Fotograf und Zeichner.

Für Quincy Jones' Soundtrack zu "John und Mary" sang er einen Song, vor zwei Jahren spielte er ein komplettes Album ein. "Das war ein Heidenspaß, denn persönliche Helden von mir wie Michael McDonald und David Crosby halfen mir bei den Aufnahmen. Mit ,Here Be Soon' habe ich mir einen lang gehegten Traum erfüllt." Die Songs, die Bridges mit "etwas Blues und Rock und Reggae" umschreibt, entstanden in seiner zum Studio umfunktionierten Garage in Santa Monica. Doch der Schauspieler - bisher viermal für den Oscar nominiert - musste erkennen, dass es trotz seiner Bekanntheit nicht so einfach ist, ins Musikbusiness einzusteigen. "Das ist ein sehr geschlossenes System, in das du kaum reinkommst. Viele Leute halten die Hand auf, bevor du überhaupt auf irgendwelchen Radiostationen gespielt wirst."

Aber: Selbst ist der Mann. Also gründete Bridges mit "Ramp Records" sein eigenes Label und vertrieb die CD über seine Website www. jeffbridges.com sowie über einige Geschäfte. Geld wollte er sowieso nicht damit verdienen. Die Erlöse spendete er dem von ihm gegründeten "End Hunger Network", das Geld für hungernde Kinder in der ganzen Welt sammelt.

Eine weitere Leidenschaft ist die Fotografie. "Ich habe schon vor etwa 25 Jahren angefangen, Schwarz-Weiß-Fotos bei den Dreharbeiten zu machen. Daraus ist dann eine Passion geworden", sagt Briges. Das ist eine Untertreibung. Denn schon seit Jahren werden seine Bilder, die er mit einer Breitwand-Kamera aufnimmt, in kalifornischen Galerien ausgestellt. Demnächst wird auch ein Bildband mit den Arbeiten des Hobbyfotografen erscheinen.

Bridges ist seit 1977 mit der Fotografin Sue Geston verheiratet und hat mit ihr drei Töchter im Alter von 19, 18 und 15 Jahren. Neben seiner Arbeit, seiner Familie und seinen Hobbys findet er noch Zeit für soziales Engagement. Außer beim Geldsammeln für das "End Hunger Network" engagiert er sich im Umweltschutz und setzt sich für Obdachlose ein. Gemeinsam mit Kollegen wie Whoopi Goldberg, Billy Crystal und Robin Williams sammelte er Geld für Menschen, die durch das sehr grobmaschige soziale Netz in den USA gefallen sind.

Und was macht Jeff Bridges zurzeit? Natürlich den nächsten Film drehen. Zusammen mit Tobey Maguire (zuletzt im Kassenknüller "Spiderman" zu sehen) arbeitet er an der Verfilmung des Romans "Seabiscuit" von Laura Hillenbrand: Sie trat mit der Geschichte des krummbeinigen Hengstes, der zum berühmtesten US-Galopper der 30er-Jahre wurde, vor einem Jahr einen Boom von Rennpferdebüchern los. Jeff Bridges bewegt sich hier im Milieu des Pferdesports, das er bereits aus "Simpatico" kennt, und spielt den Besitzer von Seabiscuit, Maguire mimt den Jockey.

Vielleicht bringt der Film dem vielfältig Erfahrenen an der Seite des Jungstars Maguire noch größere Aufmerksamkeit und vielleicht sogar einen Oscar. Aber Bridges ist uneitel genug, seinen Wert nicht an der Zahl der Trophäen in seiner Vitrine zu messen.

Seine Träume gehen in eine andere Richtung: "Ich würde gerne mit Peter Bogdanovitch und den anderen Kollegen an einer Fortsetzung von ,Die letzte Vorstellung' und ,Texasville' arbeiten. Das Buch dazu existiert bereits und heißt ,Wayne's Depressed'."