Rom. Einst lebten sie in Gefangenschaft, dann konnten sie entkommen – und werden jetzt zur Plage. So will man das Problem in Italien lösen.

  • Auf Alicudi, einer italienischen Insel im Mittelmeer, gibt es zunehmend eine Tierplage
  • Weil sich Ziegen dort so rasant vermehren, sind die Bewohner beunruhigt
  • Nun soll eine kreative Lösung Abhilfe schaffen

Sonne, Strand, spektakuläre Sonnenuntergänge – gestatten: Alicudi, ein 5,2 Quadratkilometer großes Inselparadies nördlich von Sizilien. Abgesehen von einer kurzen Strecke entlang des Hafens gibt es hier keine Straßen, sondern nur malerische Wege mit Stufen, auf denen Maultiere schwere Lasten tragen. Zu den modernen Annehmlichkeiten des aus der Zeit gefallenen Eilands zählen lediglich ein kleines Hotel mit Restaurant, eine gemütliche Bar, zwei Lebensmittelgeschäfte und eine Poststation.

In Alicudi gibt es keine Geldautomaten oder Tabakläden und auch nur 100 Einwohner, die für ihren Lebensunterhalt Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei betreiben. Doch eine ihrer Zuchten hat sich zum Problem entwickelt: Um ihren eigenen Käse zu produzieren, hatten die Einwohner begonnen, Ziegen zu züchten.

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Einige von ihnen konnten jedoch entkommen und leben seither frei auf der Insel. Inzwischen hat sich ihre Zahl so stark vermehrt, dass sie zu einer Plage für die Inselbewohner geworden sind. Weil sich die Ziegen auf Futtersuche in Gärten und Gemüsebeete begeben, Pflanzen, Bäume und Kaktusfeigen fressen oder zerstören, wollen die Inselbewohner die Tiere nun loswerden. Und zwar, indem sie die Vierbeiner zur Adoption freigeben.

Ziegenplage bedroht sogar Unesco-Kulturerbe

Die Anträge für die Adoption der Tiere müssen bei der Region Sizilien bis zum 10. April eingehen. Bürgermeister Riccardo Gullo hofft, dass die Ziegen noch vor der Sommersaison von Viehzüchtern der umliegenden Inseln oder Siziliens eingefangen und übernommen werden. „Sie ruinieren nicht nur Gemüsebeete, sondern auch die typischen Trockensteinmauern der Insel, die ohne Zement errichtet wurden“, berichtet Gullo gegenüber unserer Redaktion. Etwa 24 Prozent der Trockensteinmauern Alicudis, die als Unesco-Kulturerbe anerkannt wurden, seien wegen der Tiere in Gefahr. Außerdem werfe ihre Anwesenheit in unmittelbarer Nähe von Siedlungen auch hygienische Fragen auf.

Die Ziegen stellen nicht nur ein Problem für die Landwirtschaft dar. Auch die als Unesco-Kulturerbe anerkannten Trockensteinmauern sind durch sie in Gefahr.
Die Ziegen stellen nicht nur ein Problem für die Landwirtschaft dar. Auch die als Unesco-Kulturerbe anerkannten Trockensteinmauern sind durch sie in Gefahr. © Il Giornale di Lipari | Il Giornale di Lipari

Und schon die bloße Anwesenheit der Ziegen macht Probleme: „Wilde Ziegen bewegen sich oft in Rudeln. Sie sind wunderschön, aber sie sind für uns Einwohner auch beängstigend. Sie sind riesig und tauchen häufig vor unseren Häusern auf“, erzählen Einheimische. Immerhin: „Einige Viehzüchter der Nachbarinseln haben bereits Interesse signalisiert“, berichtet der Bürgermeister, der für die circa 16.000 Einwohner der Äolischen Inseln zuständig ist. Sollten die Ziegen nicht weggebracht werden, besteht die Gefahr, dass die Zahl der Exemplare in drei Jahren auf 800 steigt. „Dann wäre die Insel eine Wüste“, warnt Gullo.

Alicudi bei Sizilien: Diese andere Gefahr bedroht die Insel

Wildziegen sind reine Pflanzenfresser, die sich von Laub, Gräsern und Kräutern ernähren. Um die Blätter der Gehölzer abzuweiden, klettern sie sogar auf Sträucher und niedrige Bäume. Sie leben in Herden, die je nach Lebensraum und Region durchschnittlich fünf bis 25 Tiere umfassen. Weibliche Tiere leben mitsamt Nachwuchs ganzjährig in Weibchengruppen und ziehen sich nur zur Geburt kurz aus der Gruppe zurück. Ziegen sind für ihre große Anpassungsfähigkeit bekannt und halten der Hitze und dem Wassermangel stand, die die Insel Alicudi vor allem im Sommer stark belasten.

Doch Wildziegen sind nicht die einzige Gefahr für die Vegetation der Insel. In den vergangenen Jahren haben sich auch Hasen vermehrt, die ausgesetzt wurden. Inzwischen zählt man 10.000 davon. Auch für die wachsende Hasenbevölkerung wird Alicudi eine Lösung finden müssen.