Berlin. Forschende staunen über eine artenreiche Schatzkiste am Grund des Pazifiks. Tausende Tierarten tummeln sich dort – und sind bedroht.

In dem größten Erkundungsgebiet für Tiefseebergbau, der Clarion-Clipperton-Zone (CCZ), haben Forscherinnen und Forscher eine überraschend große Artenvielfalt entdeckt. Mehr als 5000 neue Arten tummeln sich auf dem bisher noch unberührten Meeresgrund. Es ist das erste Mal, dass die bisher unbekannten Arten dokumentiert wurden.

Bei der CCZ handelt es sich um ein mineralreiches Gebiet des Meeresbodens, das sich über 1,7 Millionen Quadratmeilen zwischen Hawaii und Mexiko im Pazifik erstreckt. Dort sollten eigentlich bald Manganknollen, Eisen und andere Metalle gefördert werden. Dadurch wären aber Tausende Arten bedroht, wie ein Forschungsteam warnt.

Fund von über 5000 unbekannten Arten – so vielfältig ist das Tiefsee-Gebiet

Ein internationales Wissenschaftlerteam hat kürzlich in der Fachzeitschrift "Current Biology" eine Art Checkliste für die Clarion-Clipperton-Zone erstellt. Sie wollten verstehen, wie sich der Tiefseebergbau auf das fragile Ökosystem auf dem Meeresboden auswirken könnte, heißt es in einem Bericht der britischen Zeitung "The Guardian".

Dafür haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verfügbare Daten von Expeditionen, die in das Gebiet führten, analysiert. Sie stellten fest: In der CCZ gibt es offenbar Nachweise für rund 5578 verschiedene Arten. Davon seien bis zu 92 Prozent noch nie vorher gesichtet worden und für die Wissenschaft komplett neu. Nur sechs Arten, darunter ein fleischfressender Schwamm und eine Seegurke, wurden bereits in anderen Regionen gesichtet.

Forschende haben mehr als 5.000 neue Arten in den Tiefen des Pazifischen Ozeans entdeckt. Das „Gummihörnchen“ ​​ist eines davon.
Forschende haben mehr als 5.000 neue Arten in den Tiefen des Pazifischen Ozeans entdeckt. Das „Gummihörnchen“ ​​ist eines davon. © Smartex Project/NERC

Adrian Glover, britischer Tiefseebiologe und leitender Autor der Studie, hat bereits an mehreren Expeditionen zur CCZ teilgenommen. Er sagte der britischen Zeitung: „Eines der Merkmale der Abgrundebene ist der Mangel an Nahrung, aber das Leben kann dort unten bestehen bleiben“. Für ihn sei der Ort erstaunlich und ein "Mysterium". Glover berichtet, einer der Tiefsee-Bewohner habe aufgrund seines Aussehens von den Wissenschaftlern den Spitznamen "Gummihörnchen" erhalten. Zudem wurden auch Glasschwämme, die teilweise wie Vasen aussehen, entdeckt. Bei einem Großteil der Lebewesen in der CCZ handelt es sich um Gliederfüßer, Würmer, Stachelhäuter und Schwämme.

Forscher warnen: Die Artenvielfalt wäre durch den Tiefseebergbau bedroht

Noch findet in der Tiefsee-Region kein Bergbau statt. Dieser wird von der Internationalen Meeresbodenbehörde geregelt. Dabei handelt es sich um eine zwischenstaatliche Organisation mit 167 Mitgliedsstaaten und Sitz in Jamaika. Auch wenn noch keine Förderung stattfindet: Es wurden bereits Verträge für den Bergbau in der CCZ vergeben. Laut dem "Guardian" sollen bereits 17 Unternehmen einen solchen Vertrag haben und Mineralien wie Kobalt, Mangan und Nickel kommerziell fördern wollen. Im Juli werde die Internationale Meeresbodenbehörde damit beginnen, die Verträge anzunehmen.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnen davor, dass die Arten durch den Abbau gefährdet werden könnten. Angesichts der drohenden Genehmigung für den Tiefseebergbau sagte Glover der britischen Zeitung, es sei „unerlässlich, dass wir mit den Unternehmen zusammenarbeiten, die diese Ressourcen abbauen wollen, um sicherzustellen, dass solche Aktivitäten auf eine Weise durchgeführt werden, die ihre Auswirkungen auf die natürliche Welt begrenzt“. (emi)