Washington. Twitter-Accounts teilten ein Foto von einer Explosion in der Nähe des US-Pentagon. Das Bild war nicht echt, die Auswirkungen schon.

Am Montag sorgte ein gefälschtes Foto in den USA für Aufregung. Darauf zu sehen: eine große Rauchwolke neben dem Pentagon, dem US-Verteidigungsministerium. Das Bild wurde binnen Minuten 500.000 Mal in sozialen Medien angeklickt, nachdem es von verschiedenen Twitter-Accounts verbreitet worden war. In der Folge fielen die Aktienkurse an der US-Börse kurzzeitig deutlich.

Pentagon und Feuerwehr reagieren auf Falschmeldung

Da das Foto für so viel Aufregung sorgte, sah sich das Pentagon schließlich zu einer Stellungnahme gezwungen: „Wir können bestätigen, dass es sich um eine Falschmeldung handelt und das Pentagon heute nicht angegriffen wurde“, sagte ein Sprecher. Zudem reagierte die lokale Feuerwehr von Arlington bei Washington auf das gefälschte Bild und bestätigte im Internet, dass es keine Explosion und keinen Vorfall nahe des Pentagon gegeben habe.

Auch vor der Wall Street machte der Vorfall nicht halt: An der US-Börse – eine echte Premiere – löste die Irritation einen Kurssturz aus, bei für wenige Minuten auf dem Papier 500 Milliarden Dollar vernichtet wurden. Später erholten sich die Aktienmärkte wieder. Man vermutet, dass dieser Ausschlag nach unten mit der Falschnachricht zusammenhänge, so Pat O'Hare von der Marktanalyse-Website „briefing.com“. Weiter sagt er: „Aber ich würde anmerken wollen, dass das Ausmaß des Rückgangs nicht mit der scheinbar schlechten Natur der Fake-Nachrichten übereinstimmte.“

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Fake-Foto von angeblicher Explosion – wie es plötzlich Wellen schlug

Hinter dem Bild steckt vermutlich ein von einer Künstlichen Intelligenz (KI) erzeugtes Bild. Wer es erstellt hat und woher es kommt, ist bisher nicht bekannt. Wie konnte es sich so schnell verbreiten? Im Mittelpunkt des Skandals steht das zu Elon Musks Firmen-Imperium gehörende Kommunikationsportal Twitter. Dort tauchten das Fake-Foto zuerst auf. Durch den Abonnenten „CBKNEWS”, der bereits im April ein ähnliches Feuer-Szenario am Weißen Haus gepostet hatte.

Auch der inzwischen gelöschte Konto-Namen „Bloomberg Feed”, der durch den von Musk eingeführten blauen Haken (zu haben für acht Dollar im Monat) Authentizität vorgaukelt, gehörte zu Verstärkern der Fake News. Der gleichnamige Wirtschaftsnachrichten-Dienst hatte nichts damit zu tun. Dagegen nahm der russische Propaganda-Sender RT die Pseudo-Information dankend auf und sorgte so für weitere Verbreitung.

Die blauen Häkchen waren auf dem sozialen Medium lange ein Zeichen für Glaubwürdigkeit und Authentizität – bis Elon Musk das Unternehmen übernahm und den Verifizierungshaken zum Symbol für ein Premium-Abo bei Twitter machte. Jede und jeder kann den Haken also nun „kaufen”.

Falsche Fotos mit KI: Experten besorgt

Durch KI-Technik ist es einfacher geworden, Bilder zu fälschen – und es kommt vermehrt vor: In der vergangenen Zeit hatten mehrere Fake-Aufnahmen für Diskussionen gesorgt – etwa von einer scheinbaren Verhaftung des früheren US-Präsidenten Donald Trump.

KI-Experten wie der Kanadier John Scott-Railton sehen alarmierende Vorboten. Im aktuellen Fall sei es noch vergleichsweise einfach gewesen, die Falschheit der Fotos zu erkennen. So habe das Gebäude nicht gestimmt, ebenso nicht die Sicherheitszäune davor. Und mit einem einzigen Blick aus dem Fenster in Pentagon-Nähe sei schnell erkennbar gewesen, dass es dort am Montag keinen schwarzen Rauchpilz gab.

Was aber könnte passieren, so der Forscher, „wenn wenige Stunden kurz vor Schließung der Wahllokale bei der Präsidentschaftswahl 2024 realistisch anmutende Fotos, Videos oder Audio-Mitschnitte von einem Attentat auf den Präsidenten berichten?”. Scott-Railtons Fazit: „Wir sind unvorbereitet.” Die enorme Fähigkeit Künstlicher Intelligenz schreie förmlich danach, die Medienkompetenz des Publikums zu verbessern, um Realität von Fiktion unterscheiden zu können.

Ähnlich hatte sich kürzlich Sam Altman in einer Sitzung des Justiz-Ausschusses im Kongress geäußert. Der Chef des kalifornischen Unternehmen Open AI, das mit dem von KI getriebenen Sprachbot „ChatGPT” für Furore und Ängste sorgt, warnte ausdrücklich vor möglicher Wahlmanipulation mit Künstlicher Intelligenz. Der junge Milliardär fordert eine global agierende staatliche Kontrollinstanz. KI müsse ähnlich strikt wie Nuklearwaffen reguliert werden. Altman wörtlich: „Wenn diese Technologie schiefgeht, kann es richtig schiefgehen.” (diha/emi/mit AFP)