Lissabon. Nach Schweden ist Portugal aktuell das EU-Land mit dem größten Anstieg an Neuinfektionen. Ist der Sommertourismus jetzt in Gefahr?

  • In Portugal ist die Zahl der Corona-Neuinfektionen so hoch, dass etliche europäische Regierungen mittlerweile vor einem Urlaub in dem südeuropäischen Land am Atlantik abraten
  • Aufgrund der hohen Infektionszahlen sollen portugiesische Bürger im Großraum Lissabon möglichst nur zum Einkaufen das Haus verlassen
  • Die Regelung gilt seit dem 1. Juli – und das Befolgen ist laut Portugals Regierungschef António Costa eine „bürgerliche Pflicht“
  • Sollten Sie Ihren Portugal-Urlaub besser stornieren? Was bedeutet der Corona-Lockdown für das beliebte Urlaubsland?

Im Frühjahr galt Portugal noch als europäischer Musterknabe, der dank schneller Reaktionen und vorbildlicher Schutzmaßnahmen in der Corona-Krise vergleichsweise glimpflich davonkam. Doch ausgerechnet jetzt, zu Beginn der touristischen Saison im Sommer, hat sich das Blatt gewendet.

Statt Erfolgsmeldungen kommen nun Corona-Hiobsbotschaften aus dem beliebten Urlaubsland, in dem im vergangenen Jahr 27 Millionen ausländische Touristen Ferien machten. Denn Portugal ist neuerdings, nach Schweden, das EU-Land mit dem größten Anstieg an Corona-Neuinfektionen.

Die Lage ist so bedenklich, dass die Regierung in 19 Vorstädten rund um die Metropole Lissabon wieder das Ausnahmerecht verhängte und die Bewegungsfreiheit der Bürger einschränkte. So wie es bereits von Mitte März bis Anfang Mai, auf dem Höhepunkt der Epidemie, im ganzen Land der Fall war.

Portugal: Lissabons Zentrum von Ausgangsbeschränkungen noch nicht betroffen

Vom 1. Juli an sollen die Bürger in den betroffenen Gemeinden möglichst nur zum Einkaufen, zum Arbeiten und für Arztbesuche auf die Straße. Der sozialistische Regierungschef António Costa sagte, die Erfüllung der Ausgehsperre sei „bürgerliche Pflicht“.

Das touristische Zentrum Lissabons ist von den Ausgangsbeschränkungen noch nicht betroffen, wohl aber der an der Peripherie liegende Stadtteil Santa-Clara. Insgesamt müssen nun rund eine Million Portugiesen, die überwiegend in den nordwestlichen Vorstädten Lissabons wohnen, wieder zu Hause bleiben.

In der City Lissabons wird wegen des steigenden Corona-Risikos der Handel eingeschränkt: Mehrere große Märkte wurden verboten. Die Einzelhandelsgeschäfte, die zuweilen bis spät in der Nacht aufhaben, müssen nun um 20 Uhr zumachen. Restaurants schließen wie bisher gegen 23 Uhr.

Die Zahl der Neuinfektionen liegt in Portugal inzwischen so hoch, dass etliche europäische Regierungen mittlerweile vor einem Urlaub in dem südeuropäischen Land am Atlantik abraten. „Vor allen Reisen nach Portugal wird aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus gewarnt“, heißt es zum Beispiel in den aktuellen Landesinfos des österreichischen Außenministeriums.

Deutsche zweitstärkste Besuchernation in Portugal

Die deutsche Regierung beschränkt sich derzeit noch auf den Hinweis, dass „aufgrund der weiterhin steigenden Neuinfektionen“ im Großraum Lissabon einige Lockerungsmaßnahmen zurückgenommen worden seien. Die Deutschen sind nach den Briten die zweitstärkste Besuchernation in Portugal.

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    Nach der Statistik des EU-Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) registrierte Portugal in den letzten sieben Tagen alle 24 Stunden im Schnitt 289 neue Corona-Fälle. Drei Viertel aller Erkrankungen werden derzeit aus dem Großraum Lissabon gemeldet.

    Pro 100.000 Einwohner werden in Portugal derzeit wöchentlich 19,7 Fälle erfasst. Nur in Schweden sieht es mit 88,9 Infektionen pro 100.000 Menschen noch schlechter aus. Zum Vergleich: In Deutschland lag die Zahl zuletzt bei 4,1. Auch andere beliebte Urlaubsländer wie etwa Frankreich (4,2), Spanien (3,5), Österreich (2,8), Italien (2,8) oder Griechenland (0,8) stehen deutlich besser als Portugal da.

    Champions-League-Finale in Lissabon in Gefahr?

    Mit der sich verschärfenden Corona-Krise in Lissabon könnte das Champions-League-Spektakel vom 12. bis 23. August in Lissabon in Gefahr geraten. Die noch ausstehenden Viertel- und Halbfinalrunden sowie das Endspiel waren von der UEFA in die portugiesische Hauptstadt verlegt worden – weil man dachte, dass dort die Epidemie unter Kontrolle sei.

    „Portugal ist ein sicheres Reiseland“, versichert Regierungschef Costa. Aber auch an der Algarve-Küste, Portugals wichtigster Urlaubshochburg, macht man sich mittlerweile Sorgen. Bisher war die Algarve weitgehend verschont geblieben von der Epidemie.

    Die meisten der bisher in ganz Portugal durch Tests bestätigten Fälle, seit Beginn der Epidemie mehr als 41.000, wurden aus den beiden großen Ballungsgebieten Lissabon und Porto gemeldet. Doch seit nach einer illegalen Massenparty im Algarve-Ort Odiáxere binnen weniger Tage schon 120 Menschen erkrankten, steigt auch an der Ferienküste das Risiko.