Berlin. Der Verdächtige hatte die Morde den Flüchtlingsjungen Mohamed und Elias gestanden. Fall Inga wird nun auch neu aufgerollt.

Bei der Suche nach Elias in Luckenwalde in Brandenburg hat die Polizei eine Leiche gefunden. Das teilte sie am Freitagabend mit. Zunächst stießen die Polizisten beim Graben in dem Schrebergarten des mutmaßlichen Mörders auf ein Paket. „Erste Untersuchungen am späten Nachmittag ergaben, dass sich in dem Paket ein menschlicher Leichnam befindet“, teilte die Polizei mit.

„Ob es sich dabei um die Leiche des vermissten Elias handelt, kann erst nach Beendigung der gerichtsmedizinischen Untersuchungen gesichert gesagt werden“, hieß es weiter. Beobachter hatten berichtet, wie am Nachmittag eine Roll-Bahre mit einem blauen Leichensack vom Gelände gebracht wurde.

Der 32-jährige Silvio S. aus Südbrandenburg hatte gestanden, den Flüchtlingsjungen Mohamed sexuell missbraucht und erwürgt und den sechsjährigen Elias aus Potsdam ermordet zu haben. Er zeichnete die Stelle in seinem Schrebergarten auf, wo er die Leiche vergraben habe.

Nach einem Bericht von „Bild“ und „B.Z.“ erließ ein Berliner Richter am Abend Haftbefehl gegen den Mann.

Jungen mit einem Gürtel erwürgt

Der vierjährige Flüchtlingsjunge Mohamed ist vor seinem Tod sexuell missbraucht worden. Das hat der festgenommene Verdächtige gestanden, sagte Oberstaatsanwalt Michael von Hagen bei einer Pressekonferenz am Freitag. Anschließend hat er Mohamed mit einem Gürtel erwürgt, weil der Junge „gequengelt und gemault“ habe.

Die Angaben deckten sich mit den Erkenntnissen der Obduktion der Leiche des kleinen Mohamed, sagte von Hagen. Die Untersuchung des Leichnams habe acht Stunden gedauert, weil die Leiche in einer Wanne mit Katzenstreu gelegen hatte; mögliche Spuren sollten nicht zerstört werden.

Silvio S. gesteht, auch Elias getötet zu haben

Silvio S. hatte gestanden, den vierjährigen Mohamed am 1. Oktober am Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) entführt zu haben. Er habe an der Registrierungsstelle für Flüchtlinge, vor der sich der kleine Junge mit seiner Mutter und seinen Geschwistern aufhielt, Gutes tun wollen, berichtete Wilhelm Wenzel, Leiter der Sonderkommission Mohamed, von der Verehmung des Mannes. Er will mit Kuscheltieren zu der Behörde gegangen sein, um sie zu spenden.

Silvio S. hat nach Angaben der Polizei Brandenburg auch zugegeben, den im Juli in Brandenburg verschwundenen sechsjährigen Elias getötet zu haben. Demnach habe er die Leiche des Jungen vergraben und den Ermittlern eine Skizze des Ortes gegeben. Er habe sich zu dieser Tat nicht so detailliert geäußert wie zur Tötung von Mohamed, sagte der Ermittler bei der Pressekonferenz: „Das war zum Ende seiner Vernehmung zu Mohamed, da wurde er sehr wortkarg.“ Beobachter berichteten, wie am Nachmittag eine Roll-Bahre mit einem blauen Leichensack vom Gelände gebracht wurde. Ob sich darin die sterblichen Überreste von Elias befanden, war zunächst unklar. Polizei und Staatsanwaltschaft bestätigten den Leichenfund nicht.

"Fall Inga wird neu aufgerollt"

Zuvor hatte die Polizei ein Paket gefunden, wie der Stabsleiter der Polizei Brandenburg, Michael Scharf, berichtete. „Darin kann sich durchaus der Elias befinden.“ Weitere Details dazu gab es noch nicht. Das eingewickelte Paket sei an dem Ort gefunden worden, den der Verdächtige skizziert habe.

Auch der Fall der fünfjährigen Inga aus Sachsen-Anhalt wird vor diesem Hintergrund neu aufgerollt. Das Mädchen war Anfang Mai vom Gelände des evangelischen Diakoniewerks Wilhelmshof spurlos verschwunden. Nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft hat sich Mohameds Mörder zwar nicht zu Inga geäußert. Sachsen-Anhalt grenze aber an Brandenburg, deshalb würden nun mögliche Zusammenhänge geprüft.

32-Jähriger war vor seiner Festnahme nicht polizeibekannt

Der 32-Jährige, der bei seinen Eltern in einem Dorf südlich von Berlin lebte, arbeitete nach Angaben der Polizei bei einem Wachschutz-Unternehmen in Brandenburg. Vor seiner Festnahme am Donnerstag sei er nicht auffällig gewesen, sagte Oberstaatsanwalt von Hagen am Freitag – „ein unbeschriebenes Blatt.“

Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, hatten die Eltern Verdacht geschöpft, als sie ihren Sohn auf Fahndungsfotos erkannten. Vom Vater zur Rede gestellt, habe der Sohn zuerst die Entführung geleugnet. "Das bist doch Du auf den Fotos", habe der Vater mit Nachdruck weiter gefragt. Seiner Mutter gestand Silvio S. schließlich die Tat unter Tränen.

Später gab er die Entführung auch gegenüber dem Vater zu. Der ehemalige Schäfer habe im Gespräch mit einem Reporter gefasst gewirkt, berichtete die "Bild". Seinem Sohn hätte er solch abartiges und skrupelloses Vorgehen niemals zugetraut. "Der hatte doch nie was mit Kindern", sagte er dem Blatt. S. habe auch eine Schwester mit zwei Kindern, die jedoch selten zu Besuch komme, heißt es.

"Er hatte nie eine Freundin"

Eine Nachbarin beschrieb gegenüber dem Blatt den Moment, in dem die Fahnder schließlich am Elternhaus des mutmaßlichen Mörders eintrafen und Mohameds Leiche im Kofferraum des 32-Jährigen entdeckten: „Sie hoben die orangefarbene Wolldecke über einer gelben Plastikwanne nur kurz hoch, sahen sich entsetzt an und ließen sie wieder herunter“, sagte sie der Zeitung.

Der Bezirksbürgermeister von Mitte, Christian Hanke (SPD) hat wegen des Todes zu noch mehr Wachsamkeit aufgerufen. Das unübersichtliche große Gelände am mit vielen Menschen habe die Entführung erleichtert, sagte Hanke am Freitag im Inforadio des RBB. „Das kann leider überall passieren.“ Die Situation am Lageso sei seitdem viel besser geworden. Es gebe jetzt auch eine Betreuung für besonders Schutzbedürftige wie Frauen, Schwangere oder Familien mit Kindern.

Kontroverse über Zustände an Berliner Behörde

Der Tod von Mohamed Januzi hat in Berlin zu einer Kontroverse darüber geführt, ob die chaotischen Verhältnisse am Berliner Lageso eine Mitschuld am Tod des Kindes tragen. Die Vorstandssprecherin des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg, Ayse Demir, nannte es am Freitag einen Skandal, dass der Mutter von Mohamed anfangs unterstellt worden sei, sie würde ihr Kind verstecken, um so einer Abschiebung zu entgehen. „Dies erinnert sehr stark an die NSU-Morde, bei denen auch die Familien der Opfer kriminalisiert wurden“, sagte Demir.

Die Grünen-Landesparteivorsitzende Bettina Jarasch wurde mit der Aussage zitiert, dass der Berliner Senat insgesamt die Verantwortung dafür trage, dass sich eine solche Tat nicht wiederhole. „Was mich zugleich umtreibt, ist die Sorge, dass es die chaotischen Zustände am Lageso waren, die dem Täter eine Entführung so leicht gemacht haben“, sagte Jarasch.

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) zeigte sich entrüstet über die Äußerungen: „Ich bin fassungslos, wie man dieses Verbrechen so schnell instrumentalisieren kann.“ Er halte es für abstoßend, politisches Kapital aus dieser eiskalten Tat schlagen zu wollen und sie mit den Herausforderungen der Flüchtlingslage zu vermischen. „Solche entsetzlichen Verbrechen können auch in anderen Kontexten passieren“, sagte der Berliner Innensenator.