London. Das Guinnessbuch der Rekorde wird 60. Eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte. Die erste deutsche Ausgabe erschien vor 52 Jahren.

Goldregenpfeifer oder Moorschneehuhn – welcher der beiden Jagdvögel ist Europas schnellstes Federwild? Dieser Frage, die Sir Hugh Beaver, damals Geschäftsführer der berühmten irischen Brauerei Guinness und leidenschaftlicher Weidmann, am 10. November 1951 aufwarf, verdankt die Welt das Guinnessbuch der Rekorde. Endes des Monats feiert der Dauer-Bestseller, der als das meistverkaufte Buch nach Bibel und Koran selbst in dem jährlichen Verzeichnis der Superlative steht, den 60. Geburtstag. Die erste deutsche Ausgabe erschien vor 52 Jahren.

Beaver war stolz auf seinen Ruf als treffsicherer Schütze. Doch bei einer Jagdpartie nahe dem Fluss Slaney in Südost-Irland verfehlte er einen Goldregenpfeifer. Ein Mitglied der Jagdgesellschaft tröstete ihn mit der Vermutung, das sei ja wohl der schnellste europäische Jagdvogel. Andere hielten entgegen, dieser Titel gebühre dem Moorschneehuhn. Da es damals noch kein Wikipedia gab, blätterte Beaver anschließend stundenlang, aber ergebnislos in Nachschlagewerken. Keines gab die gewünschte oder auch die unliebsame Auskunft.

Die Zeit war dennoch nicht vertan. Dem tüchtigen Geschäftsmann kam nämlich in den Sinn, dass täglich bestimmt Tausende Kneipenbesucher grantig nach Hause gingen, weil Stammtischwetten um den ältesten Menschen, den höchsten Berg, die längsten Fingernägel, den tiefsten See, das kleinste Baby, den dicksten Kater und Ähnliches nicht verbindlich gelöst werden konnten. Läge in jedem Pub ein rigoros recherchierter Almanach der Superlative aus, würde das nicht nur Frust abbauen, sondern sicher auch den Bierkonsum ankurbeln, überlegte Beaver.

1955 erschien die erste Ausgabe

Es dauerte drei Jahre, bis sich geeignete Herausgeber für ein solches Werk fanden: die Zwillinge Ross und Norris McWhirter, die im Londoner Zeitungsviertel Fleet Street eine Agentur für Faktensuche betrieben. Nach dreizehneinhalb 90-Stunden-Wochen, in denen sie weder Sonn- noch Feiertage kannten, legten sie vor, was sie mithilfe von Hunderten Sachverständigen in aller Welt zusammengetragen und gecheckt hatten. Am 27. August 1955 erschien die erste Ausgabe des Guinness Book of Records mit goldenen Lettern und irischer Harfe auf dem grünen Buchdeckel und rund 4000 Einträgen über menschliche Höchstleistungen, Naturphänomene, Technik, Unterhaltung, Sport und Spiele auf den 198 Seiten, darunter acht Seiten Schwarz-weiß-Abbildungen. Das Buch wurde zwar nicht kostenlos abgegeben, wie zunächst erwogen, aber Gastwirte bekamen es zum halben Preis.

Die Erstauflage von 50.000 Exemplaren war im Handumdrehen vergriffen, es war im Jahr 1955 der Weihnachtsrenner Nr.1, und binnen zwölf Monaten waren drei weitere Auflagen verkauft. 1964 überschritt die Zahl der verkauften Exemplare eine Million, zehn Jahre später waren es 23.950.000, und mittlerweile sind mehr als 130 Millionen in 37 Sprachen im Umlauf. In amerikanischen Leihbibliotheken zählt das Guinness Book zu den meistgestohlenen Büchern.

Ein solches Ausmaß an weltweiter Resonanz hätte sich Beaver nie träumen lassen: „Es war doch nur als Marketing-Gag gedacht, nicht als Geldmacher“, sagte er. Wäre er nicht 1967 gestorben, könnte er heute nachlesen, dass tatsächlich kein Jagdvogel in Europa so schnell fliegt wie der Goldregenpfeifer.

Guinness ist eine dunkle Biersorte (Stout) aus Irland. Es wird von der Brauerei Guinness hergestellt, die von Arthur Guinness im Jahr 1759 in Dublin gegründet wurde. Die Brauerei ist dort ein wichtiger Arbeitgeber.