Berlin . Wegen starker Strömungen ertranken im vergangenen Sommer viele Menschen an Nord- und Ostsee. In diesem Jahr ist es woanders gefährlich.

Die Hitze bringt auch Gefahren: Die schönen Sommerwochen im Süden und Osten Deutschlands haben die Zahlen der Badeunfälle und Badetoten in die Höhe getrieben. An den Küsten von Nord- und Ostsee gab es kaum Tote, was auch am kühleren Wetter und dem Ausbleiben gefährlicher Strömungen lag. Das geht aus einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in den Bundesländern hervor.

Gesicherte Zahlen der Behörden gibt es kaum. Nur Organisationen wie die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und das Rote Kreuz bemühen sich darum, die Badeunfälle zu erfassen. In ganz Deutschland gab es im Jahr 2014 laut DLRG mindestens 392 Badetote, die meisten in Seen und Flüssen. Die tatsächliche Zahl liegt wohl noch höher.

Kinder, Ältere und Flüchtlinge gefährdet

In diesem Sommer gerieten am häufigsten alte Menschen im Wasser in Not. Aber auch Kinder und Menschen mittleren Alters ertranken. Selbstüberschätzung und riskantes Verhalten sind die häufigsten Ursachen. In manchen Bundesländer verunglückten auffallend oft Flüchtlinge und Zuwanderer aus arabischen und afrikanischen Ländern, die teilweise aus kulturellen Gründen nicht schwimmen können.

Wo beim Schwimmen die Gefahren lauern

An der Küste:

Das Meer kann sich etwa durch die Gezeiten schnell verändern: Plötzlich verschwindet dann eine Sandbank unter Wasser, auf der man gerade noch stehen konnte. Außerdem ist die Strömung riskant: Eine Unterströmung etwa kann Kinder selbst im flachen Wasser leicht umreißen. Wer in eine Strömung gerät, sollte versuchen, mit ihr zu schwimmen, auch wenn das einen weiteren Weg zurück zum Strand bedeutet. Am besten geht man am Meer nur in extra gekennzeichneten Badezonen schwimmen, also da, wo der Strandabschnitt überwacht wird. Und eine rote Flagge sagt: Jetzt nicht schwimmen!

In Flüssen:

Größere Flüsse haben häufig rechtwinklig zum Ufer Ausbuchtungen. Sie verändern die Strömung - selbst geübte Schwimmer können so Probleme bekommen. Hier und auch dort, wo Schiffe und Boote fahren, geht man besser nicht ins Wasser. Außerdem gilt: Bewachsene und sumpfige Uferzonen sind ein Risiko.

In Seen:

Fällt das Ufer hier steil ab, kann das schnell gefährlich werden. Auch Ansammlungen von Wasserpflanzen umschwimmt man lieber, sonst kann man hängenbleiben. Riskant sind besonders Kiesgruben als Badesee, weil hier das Ufer abrutschen kann. Auch schlammiger Boden ist gefährlich: Darin kann man stecken bleiben und beim Versuch herauszukommen, noch tiefer einsinken. Die DLRG rät, sich durch kräftige Schwimmbewegungen nur mit den Armen aus dem Morast zu befreien.

Im Freibad:

Hier bergen etwa Ansaugöffnungen für Wasserstrahlanlagen und Strömungskanäle wegen des Sogs Gefahren. Außerdem sind die Bereiche um die Pools oft glatt gefliest: Langsam gehen, sonst rutscht man aus!

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In bayerischen Seen und Flüssen starben nach Angaben des Roten Kreuzes und der Polizei bis Anfang August schon mindestens 59 Menschen. Im gesamten letzten Jahr waren es laut DLRG 90. „Umso heißer der Sommer ist, desto mehr passiert“, sagte die Sprecherin des Bayerischen Roten Kreuzes, Hanna Hutschenreiter. Unter den Opfern waren mehrfach Asylbewerber oder Menschen mit Migrationshintergrund. Erst letzte Woche fand die Polizei die Leiche eines 17-jährigen Afghanen, der im Lech ertrank.

Im Bodensee ertranken bislang mindestens 15 Menschen vor den Ufern Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, 10 davon allein in Baden-Württemberg. In nur wenigen Tagen starben im Juli bei Konstanz sechs ältere Menschen. Auch hier war der Grund für die Steigerung gegenüber nur einem Toten im Vorjahr die große Hitze.

Dieses Jahr kaum Badetote an den Küsten

Auch in Rheinland-Pfalz und Hessen rückten die DLRG und die Wasserschutzpolizei vermehrt zu Rettungs- und Erste-Hilfe-Einsätzen aus. In Rhein und Mosel ertranken mehrere Menschen. Besonders tragisch war zuletzt der Fall eines Vaters und seines Sohnes, die zusammen untergingen. In den Binnengewässern Niedersachsens sind trotz des durchwachsenen Sommers mindestens sieben Menschen im Wasser ums Leben gekommen - fast genauso wie in den Vorjahresmonaten.

Besser war die Lage am Meer. „An der Küste gab es im Vergleich zum Vorjahr kaum Notsituationen. Das liegt auch an den wenigen heißen Sommer-Tagen“, sagte der DLRG-Sprecher Achim Wiese in Bad Nenndorf. Die Rettungsschwimmer in Schleswig-Holstein hatten wegen des wechselhaften Wetters deutlich weniger zu tun als im Vorjahr. Zwei Todesfälle auf Sylt und in Flensburg wurden bekannt. Im vorigen Jahr gab es wegen ungünstiger Strömungen eine auffallende Häufung von 16 Toten.

Ähnlich sah es an den Ostseestränden Mecklenburg-Vorpommerns aus. In der Ostsee ertrank ein Mann, in Binnenseen starben drei Menschen.

In Nordrhein-Westfalen hatte die DLRG noch keine konkrete Zahl. Bis Juli waren es mindestens zwölf Todesopfer. Im bevölkerungsarmen, aber wasserreichen Land Brandenburg wurden bisher 15 Badetote gezählt. In Berlin waren es mindestens vier Tote, ebenso in Thüringen.