New York. Unter anderen Umständen wäre sie in einem Flüchtlingslager, sagt Iman. Aber ein Modefotograf macht sie zum ersten schwarzen Supermodel.

Der entscheidende Moment im Leben von Iman Mohamed Abdulmajid ereignete sich auf den Straßen von Kenias Hauptstadt Nairobi. Damals 1975 entdeckt der US-Modefotograf Peter Beard die junge Studentin im Menschengewusel und bittet sie um ein Bild. Iman willigt ein - und verlangt 8000 Dollar dafür, ihre gesamten Studiengebühren.

„Was hätte schon passieren können? Er hätte höchstens Nein sagen können“, erinnerte sie sich jüngst im britischen „Guardian“. „Wenn man nicht fragt, bekommt man auch nichts. Das hat mir meine Mutter beigebracht.“

David Bowie und Iman - Wettbewerb der Stubenhocker?

Beard bekommt sein Foto von der schlanken Schönheit mit dem längst berühmt gewordenen langen Hals. Für die 1955 in Mogadischu als Tochter somalischer Diplomaten geborene Iman ist es der Grundstein für eine Weltkarriere, die sie zur Mode-Ikone und zum ersten schwarzen Supermodel machen wird. Großes Glück sei das Zufallstreffen mit Beard gewesen, da ist sich die inzwischen nur noch unter ihrem Vornamen bekannte Iman, die an diesem Samstag 60 Jahre alt wird, sicher.

Es hätte auch eine andere Straße und ein anderes Mädchen sein können. „Dann könnte ich jetzt in einem Flüchtlingslager sein. Es gibt Menschen, die seit 20 Jahren in Flüchtlingslagern leben, und ich könnte eine von ihnen sein.“

Iman ist seit 1992 mit dem Musiker Davis Bowie verheiratet. Das Paar hat eine Tochter
Iman ist seit 1992 mit dem Musiker Davis Bowie verheiratet. Das Paar hat eine Tochter © dpa | JASON SZENES

Imans Leben aber ist das genaue Gegenteil davon: Eine jahrelange Laufstegkarriere, Auftritte in Hollywood-Filmen, Bücher und mehrere Mode- und Kosmetikunternehmen haben sie reich werden lassen. Mit ihrem Ehemann, der Musik-Ikone David Bowie, und der gemeinsamen Tochter lebt die immer noch schlank und strahlend aussehende Iman in einer Luxuswohnung in Manhattan - ganz bescheiden und privat, wie sie betont.

„David ist ein noch größerer Stubenhocker als ich. Ich gehe immerhin noch ab und zu auf Partys. Es gibt einfach nichts, was er noch nicht gesehen hat. Er war schon auf allen Partys, die es gibt.“ Das Paar ist seit 1992 verheiratet. Aus einer früheren Ehe hat Bowie einen Sohn. Iman war bis Ende der 80er Jahre mit dem Basketball-Profi Spencer Haywood verheiratet und bekam von ihm 1978 eine Tochter. Wie sie nun ihren Geburtstag feiern wird, verrät ihr Management auf Anfrage nicht.

Ihr Kampf gegen Vorurteile

Als erstes schwarzes Supermodel musste Iman gegen viele Vorurteile kämpfen. „Ich habe das nie verstanden. Die Menschen nannten mich das „schwarze Model“. In meinem Land waren alle schwarz, also hat niemand den anderen schwarz genannt. Das war neu für mich. Ich habe doch die selbe Arbeit gemacht wie andere. Warum sollte ich dafür weniger Geld bekommen?“, sagte sie dem „Guardian“.

Heute setzt sie sich für eine größere Akzeptanz schwarzer Models ein und engagiert sich auch für ihr kriselndes Heimatland Somalia, dessen Schicksal sie traurig stimmt. „Das Somalia, in dem ich groß geworden bin, gibt es nicht mehr.“ Inzwischen fühle sie sich „absolut als New Yorkerin“.

Von den Laufstegen hat sich Iman, die für zahlreiche Haute-Couture-Marken und bekannte Fotografen arbeitete, schon Ende der 80er Jahre zurückgezogen. „Ich bin eines Morgens aufgewacht, und es gab die Naomis und die Lindas und alle anderen“, sagte Iman einmal in einem Interview mit Bezug auf ihre Kolleginnen Naomi Campbell und Linda Evangelista. „Das war es dann für mich.“

Schönheit als Verpflichtung

Iman galt stets als perfektionistisch und extrem diszipliniert - aber sie feierte auch gerne. Im legendären New Yorker Nachtclub „Studio 54“ habe sie „alles mitgemacht“, sagte sie einmal dem Magazin „Harper’s Bazaar“. „Gerettet hat mich, dass ich immer wusste, wann ich die Party verlassen muss.“ Ohne Oberteil ließ sie sich nur einmal fotografieren. „Wenn meine Eltern zu Besuch kommen, verstecke ich die Fotos unter dem Bett.“

Aber auch im fortgeschrittenen Alter arbeitet Iman immer noch hin und wieder als Model - und sieht nach wie vor makellos aus. „Ich glaube an Glamour und pflege meine Eitelkeit. Ich verlasse mich nicht nur auf meine Gene. Das gute Aussehen ist eine Verpflichtung gegenüber sich selbst und anderen. Perücken, High Heels, Pilates oder auch Schönheitsbehandlungen - was auch immer wirkt.“

Eine ganze „Gruppe von Leuten“ kümmere sich jeden Tag um ihr Aussehen, gibt Iman offen zu. Die Schönheit hat schließlich noch viel vor. „Ich mag es, zu arbeiten“, sagte sie jüngst dem „Guardian“. „Was wäre denn die Alternative? Zu Hause zu sitzen und Bonbons zu lutschen?“