Weinfelden . Staatsanwaltschaft und Verteidigung des ehemaligen Radprofis stimmten sich über ein Strafmaß ab – doch dann kam alles anders.

Weinfelden. Im Verfahren um den Alkohol-Unfall von Ex-Radprofi Jan Ullrich in der Schweiz hat das Gericht ein zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung abgestimmtes Strafmaß abgelehnt. Damit droht Ullrich überraschend doch wieder eine unbedingte Haftstrafe. Die vorgelegte Anklageschrift werde nicht genehmigt und zur Überprüfung an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen, erklärte das Bezirksgericht in Weinfelden am Dienstag.

Der Präsident des Bezirksgerichts in Weinfelden (Kanton Thurgau), Pascal Schmid, warf der Staatsanwaltschaft am Dienstag erhebliche Nachlässigkeit vor. So seien Gutachten, wonach Ullrich bei dem Unfall am 19. Mai 2014 „nur“ 139 Stundenkilometer - bei erlaubtem Tempo 80 - fuhr, nicht glaubwürdig.

Andere Gutachten würden von 143 km/h ausgehen. Sie seien jedoch von der Staatsanwaltschaft nicht ausreichend gewürdigt worden. Der Unterschied sei erheblich, sagte Schmid: Bei 143 Stundenkilometern sei Ullrich nämlich laut Schweizer Verkehrsrecht als „Raser“ einzustufen und zwingend zu mindestens einem Jahr Gefängnis zu verurteilen. Hinzu komme die Fahruntüchtigkeit, die das Strafmaß noch weiter erhöhen könne.

Ullrich bekennt sich schuldig

Die Staatsanwaltschaft hatte eine 18-monatige Haftstrafe verlangt, die jedoch zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Zudem soll Ullrich eine Geldbuße von 10.000 Franken (rund 9600 Euro) zahlen. Wann es zu einer weiteren Verhandlung und zur Urteilsfindung kommt, blieb zunächst unklar.

Zuvor hatte sich Ullricht mehr als ein Jahr nach seinem schweren Verkehrsunfall unter Alkoholeinfluss in der Schweiz schuldig bekannt. Die Anklage gegen ihn sei zutreffend, erklärte der 41-Jährige.

Nach dem Unfall im Mai vergangenen Jahres hatte der bislang einzige deutsche Sieger der Tour de France (im Jahr 1997), der heute als Berater im Radsportbereich tätig ist, ein „unverzeihliches“ Verhalten eingeräumt und Besserung gelobt.

Laut Anklage hatte sich der heute 41-jährige Ullrich am 19. Mai 2014 zweimal angetrunken ans Steuer gesetzt. Bei der Heimfahrt in seinen Schweizer Wohnort kollidierte er in der Ortschaft Mattwil nahe dem Bodensee an einer Kreuzung mit zwei Autos. Verletzt wurde niemand. Eine Atemluftprobe hatte 1,4 Promille ergeben. Ullrich soll mit fast 140 Stundenkilometern gefahren sein - auf der Straße sind 80 km/h erlaubt. Die Staatsanwaltschaft klagte ihn an wegen „vorsätzlicher grober Verletzung der Verkehrsregeln und mehrfachem vorsätzlichen Fahren in qualifiziert fahrunfähigem Zustand“.