Schaurige Bilder: Die Stierhatz von Pamplona ist höchst umstritten und zugleich beliebt bei den zahlreichen Mitläufern.

Pamplona. Die ebenso berühmten wie umstrittenen Stiertreiben von Pamplona sind trotz der zunehmenden Kritik von Tierschützern beliebt wie nie zuvor. Die diesjährigen „Sanfermines“-Feiern, die am Dienstag zu Ende gingen, seien „fabelhaft“ gewesen, jubelte Bürgermeister Joseba Asirón mit Blick auf die vielen Besucher aus dem In- und Ausland. Zum Abschluss gab es in der nordspanischen Stadt noch ein Rekord-Rennen: Mit einer Zeit von zwei Minuten und fünf Sekunden für die 825-Meter-Strecke wurde die schnellste Hatz seit Beginn der Zeitmessungen vor 35 Jahren registriert.

Der Rekorde damit nicht genug: Nach Angaben des Online-Reiseveranstalters eDreams kletterte die Zahl der Buchungen im Vergleich zum Vorjahr erneut um fünf Prozent. Inzwischen komme etwa die Hälfte aller Besucher aus dem Ausland, vor allem aus Großbritannien, Deutschland und den USA. 685 Journalisten aus 20 Ländern ließen sich akkreditieren und stellten damit eine weitere Bestmarke auf. Nicht nur das spanische Fernsehen übertrug stundenlang live: TV-Rechte wurden weltweit vergeben, unter anderem an den US-Sender NBC.

Dabei war das Spektakel, das schon US-Schriftsteller Ernest Hemingway in seinem Buch „Fiesta“ (1926) beschrieb, dieses Jahr alles andere als billig. Der Durchschnittspreis einer Wohnung für zwei Personen betrug nach amtlichen Angaben 410 Euro pro Nacht. „Egal, das ist doch Adrenalin pur“, sagte der Australier Kevin, der zum ersten Mal mitlief, viel trank und feierte und „unbedingt wiederkommen“ will.

Fünf Mitläufer schwer verletzt im Krankenhaus

Tierschützer protestierten auch dieses Jahr gegen die Stierhatz, die inzwischen auch in Spanien sehr umstritten sind. Die 48 Bullen, die morgens von Hunderten in die Arena getrieben werden, werden abends in Pamplona bei Stierkämpfen von Toreros getötet. „Es ist eine Schande, dass im 21. Jahrhundert Tiere immer noch brutal gefoltert und ermordet werden“, klagte die Präsidentin der Organisation „AnimaNaturalis“, Aida Gascón.

Die Empörung hat an dem Spektakel bislang wenig geändert. Auch das Risiko, das die Läufer eingehen, scheint kaum eine Rolle zu spielen. Am Dienstag überrannten die über 600 Kilogramm schweren Kampfbullen besonders viele Läufer, die nicht mithalten konnten und gestürzt waren. Fünf Teilnehmer, darunter auch eine der wenigen Läuferinnen, wurden mit ernsthaften Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Das Rote Kreuz teilte in einer Bilanz mit, die Zahl der Teilnehmer, die ärztlich behandelt werden musste, sei dieses Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 25 auf 835 geklettert.

Seit 1924 gab es 15 Tote, zuletzt starb 2009 ein Läufer. Bei einem weniger berühmten Stiertreiben starb in der Nacht zum Dienstag ein Franzose in der Gemeinde Pedreguer in der Provinz Alicante, als er während des Rennens mit dem Handy filmen wollte, stolperte und von einem Bullen aufgespießt wurde.

Javier Solano, der die Rennen seit 25 Jahren für das spanische Fernsehen kommentiert, ist ein Fan der „Sanfermines“. Er befürchtet gerade wegen der steigenden Besucherzahlen ein baldiges Ende. „Die Veranstaltung befindet sich auf dem Höhepunkt ihrer Geschichte. Aber es gibt immer mehr Läufer, eines Tages wird es fünf Tote auf einmal geben, und dann wird schnell Schluss sein“, prophezeite Solano.