Nur wenige Menschen genießen heutzutage den Nimbus, unerreichbar zu sein. Das liegt daran, dass sie kein Handy haben. Wer aber kein Handy hat, gilt heutzutage als gehandicapt, beziehungsweise­ als Beziehungswaise, weil ihn das Quasselfieber nicht ansteckt.

Andere empfinden das drahtlose Telefon als Geheimdienstapparat und weigern sich, diesem ins Netz zu gehen. Handy-Verweigerer sind nur schwer zu therapieren. Flatrates auf Rezept haben in Laborstudien bisher kein nennenswertes Ergebnis erbracht. Da es sich allerdings um eine schweigende Minderheit handelt, die sich kein Gehör verschafft, fällt sie in der Gesellschaft nicht weiter auf.

Für alle anderen halten namhafte Smartphonelieferanten eine mehr als ausreichende Versorgung mit tragbaren Sprecheinrichtungen bereit. Sie plädieren für den Grundsatz: Jedes Handy hat das Recht, einem Menschen zu gehören.

Doch viele Geräte werden im Alter abgeschoben, manchmal schon nach zwei Jahren. Sie gehören dann zum alten Eisen, fühlen sich nutzlos und bekommen oft nicht einmal häusliche Pflege. Die tägliche Energieaufnahme wird ihnen versagt. Das lässt sie verkümmern und vereinsamen. 100 Millionen Handys darben so in Deutschland. Das fand Bitkom, der Verband der digitalen Wirtschaft, bei einer aktuellen Umfrage heraus.

Demnach haben vier von fünf Deutschen mindestens ein unbenutztes Handy oder Smartphone zu Hause herumliegen, fast jeder Dritte hortet zwei Geräte, fünf Prozent sogar vier oder mehr. Darunter sollen sich noch großformatige Handys in Form von Briketts befinden. Sie stammen aus der Zeit, als Nero Rom angezündet hat, sind also technisch weitestgehend überholt.

Viele Handy-Horter ahnen gar nicht, welche Schätze sie in der Schublade haben. Allein das Gold in den hierzulande vernachlässigten Apparaten hat einen geschätzten Wert von 80 Millionen Euro. Darum nehmen Mobilfunkanbieter Geräte gern kostenlos zurück und schlachten sie aus. Handy-Nachlassverwalter sollten ihrem Gerät für die letzte Reise einen Organspenderausweis beifügen.