16 Jahre Haft nach dem Unglück des Kreuzfahrtschiffes. Die Angehörigen der 32 Toten sind empört. Doch der Justizmarathon um die „Costa Concordia“ und Kapitän Schettino geht noch weiter.

Grosseto/Hamburg. Beim Urteil zum tödlichen Schiffs-Unglück der „Costa Concordia“ war Kapitän Francesco Schettino nicht einmal anwesend. Doch schon am Vortag war er in Tränen ausgebrochen und hatte seine Unschuld beteuert. Dass er auf freiem Fuß bleibt, hat er seinen trickreichen Anwälten zu verdanken. Denn auch nach dem Urteil gegen den Kapitän der „Costa Concordia“ ist kein Ende des Justizmarathons in Sicht. Schettino wurde in erster Instanz unter anderem wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung zu 16 Jahren und einem Monat Haft verurteilt. Seine Anwälte kündigten jedoch Berufung an.

Bis das Verfahren durch die nächsten Instanzen gegangen ist, könnten Jahre vergehen. „Ich werde weiterkämpfen um zu beweisen, dass ich die ,Costa Concordia‘ nicht verlassen habe“, erklärte Schettino in einer ersten Stellungnahme.

Das Kreuzfahrtschiff war am 13. Janaur 2012 mit mehr als 4200 Menschen an Bord vor der italienischen Insel Giglio auf einen Felsen gefahren und gekentert. 32 Menschen starben, darunter 12 Deutsche. Das Gericht sprach Schettino in allen Anklagepunkten schuldig, blieb jedoch deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft von 26 Jahren und drei Monaten Haft.

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„Es ist eine übertriebene Strafe, die viel, viel zu hoch ist. Aber das wichtige ist, dass er nicht verhaftet wurde, das ist eine positive Sache“, sagte Schettinos Anwalt Domenico Pepe, der einen Freispruch für seinen Mandanten gefordert hatte. „Jetzt werden wir sehen, ob dieses Urteil im Berufungsprozess bestätigt wird.“ Schettino hatte sich nach dem Unglück zuerst selbst gerettet und Tausende verzweifelte Menschen an Bord des Schiffes zurückgelassen. Als Grund nannte er, von Bord gefallen zu sein, ausgerechnet direkt in ein Rettungsboot.

Überlebende und Opferangehörige waren nach dem Urteil enttäuscht. „Sechs Monate Strafe für jeden Verstorbenen, aber für die Familien ist es nicht 16 Jahre sondern für immer. Wie kann ich mich fühlen, ich bin einfach nur traurig“, sagte die Französin Anne Decré. „16 Jahre für 32 Opfer sind gar nichts“, sagte Giovanni Girolamo, der seinen Sohn bei dem Unglück verloren hatte.

Die Staatsanwaltschaft zeigte sich in einer ersten Reaktion zufrieden. „Die Richter haben entschieden, alle unsere Anklagepunkte anzuerkennen und zu bestätigen“, erklärten sie. Für Sergio Ortelli, den Bürgermeister der Insel Giglio, ist das Urteil ein Teilerfolg. „Wichtige Dinge wurden anerkannt, etwa der Image-Schaden für Giglio und die Verantwortung von Costa Crociere“, sagte er.

Die Reederei wurde wie auch Schettino vom Gericht dazu verurteilt, Entschädigungszahlungen an die Nebenkläger zu leisten, darunter auch die Insel Giglio. Die Passagiere sollen mit jeweils 30.000 Euro entschädigt werden. Der Anwalt der Reederei, Marco De Luca, erklärte: „Es ist ein ausgewogenes Urteil, das alle Interessen berücksichtigt.“