Turboprop-Maschine der TransAsia stürzt in Fluss in Taipeh. Der Pilot versuchte noch, Schlimmeres abzuwenden. Dennoch sterben mindestens 31 Menschen.

Taipeh. Das Video zeigt Szenen wie aus einem Katastrophenfilm. Am Himmel taucht hinter Hochhäusern plötzlich ein zweimotoriges Passagierflugzeug auf, rauscht auf eine Brücke zu, stellt seine Flügel senkrecht, streift ein Taxi und schlägt mit einer Tragfläche auf der Fahrbahn auf. Danach stürzt der Flieger in einen Fluss mitten in einem Wohngebiet von Taiwans Millionenmetropole Taipeh. All das wird von Autofahrern mit einer sogenannten Dashcam gefilmt. Einer Kamera also, die Autofahrer auf dem Armaturenbrett (Dashboard) installiert haben, um während des Autofahrens permanent das Verkehrsgeschehen aufzuzeichnen.

Das Turboprop-Flugzeug vom Typ ATR 72 war um 10.52 Uhr Ortszeit vom Flughafen im Herzen der taiwanesischen Hauptstadt abgehoben. Doch kurz danach funkt der Pilot von Flug GE235: „Mayday, Mayday, Mayday“, wie aus Aufnahmen der Luftfahrtbehörde CAA hervorgeht. Die Maschine mit 58 Menschen an Bord fliegt zu der Zeit bereits dicht über der Innenstadt.

Als die ersten Retter an der Unfallstelle ankommen, schwimmen Menschen im Wasser. Manche klammern sich an Wrackteile, andere werden von der Strömung mitgezogen, wie Fernsehaufnahmen zeigen. Nur ein kleiner Teil des Flugzeugs schaut aus dem Wasser. Viele Menschen könnten noch eingeschlossen sein. Aber der Aufprall hat die Maschine so stark beschädigt, dass die Retter nur langsam vorankommen, wie der Chef der Feuerwehr, Wu Chun-hung, erklärt. 15 Menschen werden lebend geborgen, darunter ein dreijähriger Junge, der das Unglück unbeschadet und bei Bewusstsein übersteht.

Doch die Helfer ziehen auch etliche Leichen aus dem Wrack. Mindestens 31 Menschen sterben, zwölf gelten am Abend (MEZ) noch als vermisst, wie die taiwanesische Luftfahrtbehörde mitteilt. Die Rettungsmannschaften arbeiten bis in die Nacht hinein weiter. „Im Augenblick sieht es nicht gut aus“, sagt Wu Chun-hung an der Unfallstelle. „Diejenigen, die im Vorderteil des Flugzeugs waren, haben wahrscheinlich nicht überlebt.“ Mit Wucht sei das Flugzeug auf dem Wasser aufgeschlagen, sagt er bei einer Pressekonferenz. Die Maschine habe sich dann tief in das Flussbett gebohrt.

Stunden später gelingt es mithilfe eines Krans, das Heck und den mittleren Teil des Wracks zu bergen. Rund 1000 Feuerwehrleute und 400 Soldaten beteiligten sich an der Bergungsaktion, berichtet die taiwanesische Nachrichtenagentur CNA.

Erfahrener Pilot dreht vor dem Aufprall noch vom Wohngebiet ab

Der Direktor der betroffenen Fluggesellschaft TransAsia, Peter Chen, sagte, der Kontakt mit der Maschine sei vier Minuten nach dem Start abgebrochen. Das Wetter sei gut und das abgestürzte Flugzeug nicht einmal ein Jahr in Betrieb gewesen. Der Pilot hatte nach Angaben der Luftfahrtbehörde 4900 Flugstunden absolviert. Örtliche Medien berichteten, dass er das Flugzeug scharf abgedreht habe, um nicht in ein Wohngebiet nahe dem Flughafen zu stürzen. Eine Bestätigung dafür gab es allerdings noch nicht.

Während einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz verbeugte sich der Chef der Fluggesellschaft, Chen Xinde, und bat die Angehörigen der Todesopfer um Verzeihung. Ermittler der Luftfahrtbehörde haben die Arbeit aufgenommen. Sie stehen unter gewaltigem Druck, schnell zu klären, was für das Unglück verantwortlich war. Vor sieben Monaten war ein Flugzeug des gleichen Modells bei schlechtem Wetter auf der Insel Penghu in ein Wohngebiet gestürzt, fast alle Insassen starben.

„Die CAA wird weitere Untersuchungen zur Unglücksursache aufnehmen und dann entscheiden, ob alle Flugzeuge des Typs ATR 72-600 vorläufig nicht mehr starten dürfen“, sagte der Chef der Luftfahrtbehörde, Lin Tyh-ming. Die Maschine ist ein vielfach bewährtes, zweimotoriges Turboprop-Flugzeug des französisch-italienischen Herstellerkonsortiums Avions de Transport Régional (ATR), das weltweit auf Regionalstrecken im Einsatz ist. Generell gelten die Maschinen als sicher.