In Assam im Nordosten Indiens leben verschiedenste Stämme nebeneinander. Immer wieder kommt es dort zu Gewalt. Die Angriffe der Bodo-Rebellen waren aber die blutigsten seit langem.

Shamukjuli. Nach dem Massaker an einem Volksstamm im Nordosten Indiens haben Hunderte Überlebende zu Weihnachten in einer Kirche Zuflucht gesucht. Wie die Polizei am Donnerstag mitteilte, kamen bei Angriffen von Rebellen zwei Tage zuvor mindestens 72 Angehörige der teils christlichen und teils hinduistischen Volksgruppe der Adivasis ums Leben.

„Dieses Jahr wird es zu Weihnachten keine Feiern für uns geben“, sagte Rina Vor, die am Donnerstag gemeinsam mit ihren vier Kindern und Hunderten anderen in der Kirche ihres Ortes Shamukjuli saß. Sie habe am Dienstag gerade ihre Kinder ins Bett bringen wollen, als sie Schüsse gehört habe. Sie habe alles zurückgelassen und sei mit ihren Kindern in die Kirche geflohen, sagte sie.

Für die Angriffe auf Dörfer in zwei Bezirken im Staat Assam wurden die Rebellen der Nationalen Demokratischen Front von Bodoland verantwortlich gemacht, die seit Jahrzehnten für Selbstverwaltung kämpfen. Sie greifen Gruppen an, die sie als Fremde ansehen. So wie die Adivasi, die vor mehr als 100 Jahren nach Assam einwanderten, um auf Teeplantagen zu arbeiten. Muslimen und der Regierung in Neu-Delhi werfen die Bodo-Rebellen vor, die Region auszubeuten.

Durch den Konflikt sind in den vergangenen drei Jahrzehnten mindestens 10 000 Menschen ums Leben gekommen, die meisten von ihnen Zivilisten. Im Mai töteten die Bodo-Rebellen 30 Muslime.

Bei den Attacken vom Dienstag wurden allein in Shamukjuli 26 Menschen getötet. Nach Angaben der Polizei waren viele der Opfer Frauen und Kinder. Vor, die vierfache Mutter in der Kirche, sagte, sie habe gerade wie viele andere im Dorf alles für das Weihnachtsfest vorbereitet, als es zu dem Angriff kam.

Auch eine nahe gelegene Schule hatte Flüchtlinge aufgenommen. Dort saß ein Siebenjähriger stumm und offensichtlich verängstigt mit seinem jüngeren Bruder da. Dorfbewohner sagten, die Eltern der Jungen seien getötet worden.

Am Donnerstag galt in den beiden Bezirken Assams eine Ausgangssperre. Aufgebrachte Adivasis hatten am Tag zuvor in dem Ort Sonitpur ein Polizeirevier angegriffen. Polizisten hätten dabei drei Menschen erschossen, sagte ein Sprecher. Es kam auch zu Vergeltungsangriffen auf Häuser von Bodos. Die Polizei haben die Lage aber unter Kontrolle gebracht, hieß es.

Bodos machen zehn Prozent der 33 Millionen Einwohner Assams aus. Die Rebellen der Volksgruppe sind nur eine von Dutzenden Gruppen, die in sieben Staaten im Nordosten Indiens gegen die Regierung und teils auch gegeneinander kämpfen.