Die Soko „14. Juli“ hat in Norwegen den Mann gefasst, der in Reichenhall einen Mann tötete und eine Frau verletzte. Die Hinweise kamen aus der Bundeswehr, auch das benutzte Kampfmesser wird dort verwendet.

Bad Reichenhall. Auf die Spur des mutmaßlichen Mörders von Bad Reichenhall ist die Polizei auch durch Hinweise aus der Bundeswehr gekommen. Kameraden des 20 Jahre alten Soldaten aus einer Kaserne in dem Kurort in Bayern hätten „Wahrnehmungen gemacht“, sagte der Leiter der Mordkommission, Hans-Peter Butz, am Mittwoch in Bad Reichenhall. Zudem werde die Tatwaffe, ein Kampfmesser, bei der Bundeswehr verwendet.

Gegen den 20-Jährigen aus Morbach (Kreis Bernkastel-Wittlich) besteht Haftbefehl wegen Mordes und Mordversuchs, wie der Leitende Oberstaatsanwalt Wolfgang Giese sagte.

Der seit 2013 in Bad Reichenhall stationierte Soldat war am Dienstagabend in Norwegen festgenommen worden. Er soll nach Deutschland ausgeliefert werden.

Ganz Deutschland feierte in der Nacht nach dem Finale der Fußball-Weltmeisterschaft den lang ersehnten Titelgewinn. Auch in dem Kurort Bad Reichenhall waren am 14. Juli viele Menschen auf den Straßen und bejubelten das erlösende Siegtor von Mario Götze. Doch als sich in den Morgenstunden die Nachricht vom Raubmord an einem Rentner und dem lebensgefährlichen Überfall auf eine junge Frau wie ein Lauffeuer verbreitete, war das Entsetzen groß.

Jene oberbayerische Stadt an der Grenze zu Österreich, die noch immer unter dem verheerenden Einsturz der Eissporthalle von 2006 leidet, als 15 überwiegend junge Menschen starben, musste wieder um einen tragisch ums Leben gekommenen Mitbürger trauern. Der 72-Jährige war auf der Straße erstochen worden, während noch immer viele Fußballfans den WM-Titel feierten.

Nur wenige Minuten später stach der Täter auf die 17-Jährige ein, die mit ihrem Fahrrad auf dem Heimweg war. Blutüberströmt konnte die junge Frau – auch sie eine Einheimische – noch einen Passanten auf sich aufmerksam machen, ehe sie zusammenbrach. Der Täter raubte beide Opfer aus. Gut drei Wochen nach dem Verbrechen scheint der Fall mit der Festnahme eines jungen Soldaten aufgeklärt zu sein.

Die Polizei erhöhte nach dem Fall die Präsenz, schickte zur Beruhigung der Bürger verstärkt Beamte in Uniform und Zivil nach Reichenhall. Die Sonderkommission „14. Juli“, benannt nach dem Tag der Verbrechen, wurde auf mehrere Dutzend Beamte aufgestockt.

Einige Tage nach den beiden Gewalttaten kam ein junger Mann in Untersuchungshaft, musste aber schon bald darauf entlassen werden. Die Spur hatte sich als falsch erwiesen. Als die 17-Jährige vernehmungsfähig war, gab sie eine Täterbeschreibung ab – Grundlage für ein Phantombild. Kurz nach Veröffentlichung der Zeichnung geriet ein 21-Jähriger ins Visier der Ermittler. Polizeisprecher Franz Sommerauer nannte die Ähnlichkeit des Mannes mit dem Phantombild „verblüffend“, warnte aber zugleich davor, den Mordfall als schon aufgeklärt anzusehen. Er sollte recht behalten. Auch dieser Verdächtige musste aus der U-Haft entlassen werden – er war es nicht.

Doch am vergangenen Wochenende die Wende: Die Kripo kam dem 20 Jahre alten Bundeswehrsoldaten auf die Spur und fand an seiner Kleidung im Spind Blut der beiden Opfer. Nur Stunden nach dem Fahndungsaufruf wurde der mutmaßliche Mörder in Norwegen gefasst. „Die gute Zusammenarbeit der bayerischen und norwegischen Behörden sowie das beherzte Auftreten einer norwegischen Polizeistreife führten noch am Dienstagabend zur Festnahme des Gesuchten“, teilte das Polizeipräsidium Oberbayern Süd Mittwochfrüh mit.

Erleichterung macht sich nun auch in Bad Reichenhall breit. Oberbürgermeister Herbert Lackner unterbrach eigens seinen Urlaub. Auf einer Pressekonferenz von Staatsanwaltschaft und Polizei wollte er am Nachmittag den Ermittlern für den Fahndungserfolg danken und wohl auch sagen, wie froh alle in der Stadt sind, dass der mutmaßliche Mörder gefasst ist. Und auch wenn der Schock über den Mord an dem Rentner und den Überfall auf die junge Frau bei den Menschen in der Stadt noch immer tief sitzt, so wissen sie jetzt wenigstens, dass der Täter nicht aus ihren Reihen kommt.

Der Ort mit seinen Solequellen lebt von Urlaubern. Den drastischen Rückgang an Kuren im Zuge der Gesundheitsreform hat er noch immer nicht verkraftet. Schlagzeilen über Mord und Totschlag schaden dem Geschäft der Hoteliers und Kurbetriebe in der 17.000-Einwohner-Kommune. Vergessen ist in der Stadt des Salzes auch nicht der Amoklauf vom November 1999. Damals erschoss ein 16-Jähriger vom Balkon seines Elternhauses aus vier Menschen, darunter seine eigene Schwester, ehe er sich selbst eine Kugel in den Mund jagte. Nicht nur, weil bei der Bluttat der „Tatort“-Schauspieler Günter Lamprecht und seine Lebensgefährtin Claudia Amm schwer verletzt wurden, erregte die sinnlose Tat des Jugendlichen bundesweit Aufsehen.