Autofahrer sollen nicht jede Summe zahlen, um an ihr Auto zu kommen, hat der Bundesgerichtshof entschieden. Ein Autofahrer aus Bayern hatte seine Klage bis vor die letzte Instanz getragen.

Karlsruhe. Im Juristendeutsch sind Falschparker „Besitzstörer“. Deswegen darf ihr Auto abgeschleppt und an einen unbekannten Ort gebracht werden. Was aber ist mit dem „Lösegeld“, welcher Betrag ist akzeptabel? Der Bundesgerichtshof (BGH) setzt Abschleppdiensten in privatem Auftrag nun Grenzen: Die Firmen dürfen von Falschparkern keine unangemessen hohen Beträge fordern.

Ein Autofahrer aus Bayern hatte seine Klage gegen die Forderung von 250 Euro für die Freigabe des abgeschleppten Autos bis vor die letzte Instanz getragen. Nach der Entscheidung der Karlsruher Richter vom Freitag muss er noch in die Verlängerung. Der BGH verwies den Fall mit klaren Vorgaben an das Landgericht München zurück.

Die für das Abschleppen des Autos verlangten Kosten müssten mit dem „verglichen werden, was üblicherweise in der Region dafür verlangt wird“, sagte die Vorsitzende Richterin Christina Stresemann am Freitag in Karlsruhe. Der von ihr geleitete V. Zivilsenat hob das Urteil des Landgerichts vom August vergangenen Jahres auf. Dort müssen die Richter nun neu entscheiden. Nicht ersetzt bekommt der Kläger seine vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Wie tief der Halter eines Fahrzeugs in die Tasche greifen muss, unterscheidet sich von Stadt zu Stadt. Laut einer Statistik des Auto Clubs Europa (ACE) ist Hamburg mit 260 Euro unter den deutschen Großstädten Spitzenreiter in der Kostentabelle. Im „Preis“ enthalten ist das Abschleppen des Pkw an einem Werktag inklusive Verwahrung für die ersten 24 Stunden und die städtische Verwaltungsgebühr. Auf Rang 2 folgt Frankfurt am Main mit 257 Euro. Deutlich günstiger kommt man in Aachen mit mindestens 134 Euro davon.

Gründe für die Unterschiede gibt es im Wesentlichen zwei, wie Katharina Lucà vom ADAC erläutert: „Die Kosten variieren zwischen den unterschiedlichen Abschleppunternehmen, außerdem nehmen verschiedene Gemeinden unterschiedlich hohe Gebühren.“ Das BGH-Urteil legt nun fest, dass die Unternehmen Abschleppkosten nicht beliebig hoch ansetzen dürfen. Die Kosten müssten auf einem innerhalb der jeweiligen Region vergleichbaren Niveau liegen.

Doch auch am gleichen Ort kann es mal teurer und mal günstiger werden. Der Verband der Bergungs- und Abschleppunternehmen (VBA) empfiehlt seinen Mitgliedsbetrieben beispielsweise für die Zeit von 16.30 bis 20 Uhr einen Aufschlag von 25 Prozent, nachts von 50 Prozent und sonn- und feiertags sogar von 100 Prozent.

Zudem ist die Verwahrung des Fahrzeugs auf amtlichen Stellflächen teurer als auf dem Grund der Abschleppfirmen. Laut VBA kostet die Standgebühr für einen Pkw bei einer Abschleppfirma im Durchschnitt sieben Euro pro Tag auf einem Freigelände, zwölf Euro werden fällig, wenn das Auto in einer Halle abgestellt wird.

Im aktuellen Fall hatte das Landgericht München in zweiter Instanz 175 Euro für zulässig befunden, nachdem das Amtsgericht zuvor 100 Euro festgesetzt hatte. Im Kern des Streits stand die Frage, ob der von dem Autofahrer geforderte Betrag von 250 Euro auch die Kosten für die Mitarbeiter der Parkräume KG zur Überwachung des Parkraums enthält. Denn diese Kosten dürfen dem Falschparker nicht zur Last gelegt werden, wie das BGH 2011 festhielt. Das höchste deutsche Gericht in Zivilsachen beschäftigte sich zum dritten Mal mit der Parkräume KG.

Das 2005 gegründete Unternehmen schließt Verträge mit Grundbesitzern und beauftragt Abschleppunternehmen, falsch geparkte Autos zu entfernen. Seinen Anspruch auf Schadenersatz tritt der Grundeigentümer an die Parkräume KG ab. Die Firma hat nach eigenen Angaben Verträge für rund 3000 Immobilien geschlossen, überwacht werden häufig Kundenparkplätze.

In der von beiden Parteien beantragten Revisionsverhandlung sprach die Anwältin des klagenden Autofahrers von einer „Erpressungssituation“: Die meisten Betroffenen zahlten den geforderten Betrag, um ihr Auto schnell zurückzubekommen. Der verlangte Betrag von 250 Euro sei das Dreifache der in München üblichen Abschleppkosten. Der Anwalt der Parkräume KG erklärte, dass allein Ersatz für Leistungen verlangt worden sei, „die Bestandteil für die Beseitigung der Besitzstörung“ seien.

Glück hat, wer zu seinem Fahrzeug zurückkehrt, bevor der Abschlepper mit seiner Arbeit begonnen hat. „50 bis 60 Prozent der Kosten fallen bereits an, wenn der Abschleppwagen rausfährt“, erläutert Ulrike Wenzel vom VBA: „Hat der Abschlepper jedoch schon mit seiner Arbeit begonnen, muss der Fahrer die kompletten Kosten tragen.“