Die Bürger von Nöbdenitz wehren sich gegen das Fällen des Naturdenkmals – mit Erfolg. Die Eiche hat Nöbdenitz einen Platz im Guinness-Buch der Rekorde beschert als Standort der ältesten Stieleiche Europas.

Nöbdenitz. Mittags ist es so still, dass man die Hummeln im Holunder hört. Und das Zwitschern der Schwalben am Himmel. Es ist so still in Nöbdenitz, dass man sich fast erschreckt, wenn plötzlich ein Moped über die Dorfstraße tuckert.

Nöbdenitz, ein Dorf in Thüringen, zwischen den Hügeln des Altenburger Lands, döst in der Mittagssonne. Nöbdenitz ist so entspannt wie lange nicht mehr, seit die schlimme Nachricht die Gemeinde erschütterte wie eine Naturkatastrophe. Ein Gutachten, erstellt im Auftrag des Landratsamts für Umweltschutz, sah Unglaubliches vor: Der alten Eiche, der „Tausendjährigen“, sollte es an die Krone. Der morsche Baum an der Straße wäre ein Verkehrsrisiko. Da müsste die Kettensäge ran.

Doch die Eiche ist nicht irgendein Baum. Sie hat Nöbdenitz immerhin einen Platz im Guinness-Buch der Rekorde beschert als Standort der ältesten Stieleiche Europas. 2000 Jahre alt soll sie sein. Ob das wirklich so ist, weiß niemand genau. Es ist sogar sehr unwahrscheinlich. Der Baum ist hohl, deswegen können auch keine Jahresringe gezählt werden. Biologen schätzen ihr Alter auf etwa 800 Jahre.

Etwa ganz Besonderes ist sie trotzdem. Und das liegt nicht nur daran, dass der Baum mit einem Umfang von zwölfeinhalb Metern eine „Grabeiche“ ist. Im März 1824 wurde der Geheimrat und Minister in Sachsen-Gotha-Altenburg, Hans Wilhelm von Thümmel, in einer Gruft im hohlen Stamm beigesetzt. So was gibt es in keinem anderen Ort in Deutschland.

Die Eiche ist der Stolz von Nöbdenitz. Und da ist es kein Wunder, dass die Nachricht von einer geplanten Fällung für Fassungslosigkeit gesorgt hat. Bei der Gemeinderatssitzung wäre es hoch hergegangen, sagt Ratsmitglied Karin Gäbler. „Aber dann haben sich die Wogen geglättet.“ Sie lächelt erleichtert, wenn sie erzählt, wie schnell an diesem turbulenten Abend klar wurde, dass sich Lokalpolitiker und Dorfbewohner einig sind: Die Eiche muss bleiben. Und dafür will das Dorf alles tun.

Der Gemeinderat will jetzt erst mal ein zweites Gutachten anfertigen lassen. Eines, das Maßnahmen vorsieht, die dafür sorgen sollen, dass der Baum erhalten bleibt. Teuer könnte das werden. Aber die Gemeinde will das Geld aufbringen. Der Nöbdenitzer Ortsverschönerungsverein hat ein Spendenkonto eingerichtet. Ein Mann aus Weimar hat bereits 1000 Euro überwiesen.

Und überhaupt würden jetzt aus der ganzen Republik E-Mails, Briefe und Anrufe in Nöbdenitz eingehen, Solidaritätsbekundungen mit dem alten Baum. Vereine hätten ihre Unterstützung angesagt. Selbst der Kindergarten will sich mit einem Basar beteiligen. Kurioserweise ist die Eiche in diesem Jahr besonders grün. Das ist wie ein Wunder, sagen die Dorfbewohner. Schließlich hat der Baum doch nur noch eine lebendige Wurzel – die, die in den Pfarrgarten reicht.