Nach der verheerenden Explosion eines entgleisten Tankzugs in Kanada ist der dadurch verursachte Großbrand endlich gelöscht. Mindestens fünf Menschen kamen ums Leben, 40 werden noch vermisst.

Lac-Mégantic. Nach dem schweren Zugunglück im Osten Kanadas mit mindestens fünf Toten werden noch immer rund 40 Menschen vermisst. Ministerpräsident Stephen Harper zeigte sich am Sonntag bei einem Besuch des Unglücksorts Lac-Mégantic 250 Kilometer östlich von Montreal erschüttert und verglich den Schauplatz mit einem Schlachtfeld. „Das ist ein unglaubliches Desaster. Ein enormes Gebiet, 30 Häuser sind komplett zerstört, faktisch eingeäschert. Es gibt keine Familie, die nicht betroffen ist.“

Fast zwei Tage nach der verheerenden Explosion konnte der Großbrand endlich gelöscht werden. „Die Flammen, die Feuer sind gelöscht“, sagte der örtliche Chef der Feuerwehr, Denis Lauzon, am Sonntagabend (Ortszeit) vor Journalisten. Bei dem Unglück in der Kleinstadt Lac-Mégantic in Québec waren nach Polizeiangaben mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen, 40 weitere wurden noch vermisst.

Zwei Tankwaggons würden vorsichtshalber weiter mit Wasser besprengt, damit sie abkühlten, führte Feuerwehrchef Lauzon aus. An den Löscharbeiten hatten sich zahlreiche Feuerwehrleute aus der Umgebung sowie aus dem US-Bundesstaat Maine beteiligt.

Ein Sprecher der Provinzpolizei sagte, ein großer Teil des Unglücksortes sei den Ermittlern immer noch nicht zugänglich, weil die Feuerwehr die Bereiche noch nicht gesichert habe. Ermittler der kanadischen Behörde für Verkehrssicherheit untersuchten am Sonntag die Lokomotive und stellten Daten ihrer Black Box sicher.

Der mit Rohöl beladene Zug war in der Nacht zum Sonnabend (Ortszeit) führerlos durch Lac-Mégantic gerast und entgleist, woraufhin mehrere Kesselwagen explodierten. Durch das Flammeninferno wurde das Zentrum der 6000-Einwohner-Stadt völlig zerstört. Etwa 2000 Einwohner mussten ihre Häuser verlassen, einige von ihnen durften am Sonntag zurückkehren. Das Rote Kreuz richtete Notunterkünfte in mehreren Schulen der Umgebung ein.

Den kanadischen Behörden zufolge bestand der Tankzug aus 72 mit je 100 Tonnen Öl beladenen Waggons, von denen später mindestens vier explodierten. Laut dem Bahnunternehmen Montreal Maine & Atlantic hatte der Zug zunächst wegen eines Personalwechsels im 13 Kilometer entfernten Nachbarort Nantes gehalten. Trotz gezogener Bremsen sei er dann plötzlich ohne Lokführer die abschüssigen Gleise hinunter nach Lac-Mégantic gerollt, das rund 250 Kilometer östlich der Metropole Montréal liegt. Zeugen berichteten später von mindestens sechs Explosionen und einem riesigen Feuerball über der Ortschaft.

Polizeisprecher Michel Brunet sagte, bislang seien fünf Leichen entdeckt worden. Da noch 40 Menschen vermisst würden, rechne die Polizei aber mit „viel mehr“ Opfern. Ein Feuerwehrmann, der anonym bleiben wollte, hatte zuvor gesagt, zum Unglückszeitpunkt hätten sich allein 50 Menschen in einer Bar in der Nähe der Explosion befunden. Von dem Lokal sei nun „nichts mehr übrig“.

Die Identifizierung der Opfer dürfte sich schwierig gestalten, wie eine Vertreterin der Gerichtsmedizin, Geneviève Guilbault, sagte. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Leichen stark verkohlt seien. Angesichts der Schwere des Brandes sei nicht auszuschließen, dass manche Leichen gar nicht identifiziert werden könnten.

Kanadas Premierminister Stephen Harper besuchte am Sonntag das zerstörte Stadtzentrum von Lac-Mégantic. „Das ist wie ein Kriegsgebiet“, sagte er. Das Ausmaß der Zerstörung sei „unglaublich, schwer vorstellbar“.