32 Menschen sterben, als die „Costa Concordia“ im Januar 2012 kentert. Kapitän Schettino gilt als einer der Hauptschuldigen. Er kommt nun vor Gericht, weist aber die Verantwortung von sich.

Rom. Er fiel in ein Rettungsboot, der Steuermann verstand seine Anweisungen nicht und der Felsen war auf keiner Karte verzeichnet – für die Tragödie um die Havarie der „Costa Concordia“ fand Unglückskapitän Francesco Schettino viele Erklärungen. Eine Schuld an der Katastrophe hat er jedoch nicht anerkannt. Am Dienstag (9. Juli) könnte vor einem Gericht in Grosseto in der Toskana der Prozess gegen den Italiener beginnen, dessen Bild als braun gebrannter Kapitän mit Sonnenbrille um die Welt ging. Wegen eines Anwalts-Streits könnte der Prozessauftakt aber möglicherweise auf den 17. Juli verschoben werden – dies entscheidet sich am Dienstag.

Die Liste der Vorwürfe gegen den 52-Jährigen aus dem kampanischen Ort Meta di Sorrento bei Neapel ist lang: Ihm werden unter anderem fahrlässige Tötung und Körperverletzung, Havarie und das Verlassen des Schiffes während der Evakuierung vorgeworfen. Vor dem Prozess wurde spekuliert, die Anklage könnte bis zu 20 Jahre Haft für Schettino fordern.

Viele Fragen sind vor dem Prozess noch offen: Warum rammte die „Costa Concordia“ den Felsen? War der Kapitän Schuld an der Havarie? Oder führte eine Fehlerkette zu der Katastrophe? Hätten mehr Menschenleben gerettet werden können?

32 Menschen sterben

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft war Schettino mitschuldig daran, dass die „Costa Concordia“ mit rund 4200 Menschen an Bord am 13. Januar 2012 zu nah an die Toskana-Insel Giglio heransteuerte. Das Schiff fuhr auf einen Felsen, wurde aufgeschlitzt und kenterte, 32 Menschen starben. Die Ermittlungen rund um die Havarie brachten zahlreiche Vorwürfe gegen Schettino zutage. Er soll das Unglück heruntergespielt, bei der anschließenden Rettungsaktion Fehler gemacht und das Schiff noch vor Ende der Evakuierung verlassen haben.

Nach der Havarie wurde Schettino festgenommen und unter Hausarrest gestellt. Für sein Verhalten und das Unglück fand der Italiener danach immer wieder Ausreden: Die Reederei habe das riskante Manöver verlangt, die Havarie sei ein banaler Unfall gewesen, er sei in ein Rettungsboot gerutscht – und habe zuvor sogar noch Schlimmeres verhindert. Dennoch wurde er von der Reederei Costa Crociere zunächst suspendiert und später entlassen – das Unternehmen distanzierte sich mehrfach von seinem früheren Kapitän.

Bis zu dem Unglück präsentierte sich Schettino gerne in schicker weißer Kapitänskleidung, braun gebrannt und mit Sonnenbrille auf der Kommandobrücke. Er stammt aus einer süditalienischen Schifffahrts-Familie. Zehn Jahre lang arbeitete Schettino für Costa Crociere, zunächst als verantwortlicher Offizier für die Sicherheit. 2006 wurde er dann zum Kommandanten befördert. Mit der Havarie der „Costa Concordia“ scheint seine Karriere auf See jedoch beendet.

Fünf weitere Beschuldigte

In den Voranhörungen mussten sich fünf weitere Beschuldigte verantworten – darunter auch der indonesische Steuermann, dem Schettino vorgeworfen hatte, seine Anweisungen nicht verstanden zu haben. Alle fünf einigten sich allerdings mit der Anklage auf Verhandlungen über das Strafmaß, die eine Verurteilung ohne Prozess ermöglichen. Ursprünglich wollte das Gericht am 8. Juli über die Absprachen entscheiden, dieser Termin wird wegen eines Anwälte-Streiks jedoch voraussichtlich auf den 20. Juli verschoben.

Das Verfahren gegen Schettino könnte zu einem Mammutprozess werden und sich über mehrere Monate oder sogar Jahre hinziehen. Das Interesse ist riesig: Hunderte Medienvertreter aus aller Welt werden in Grosseto erwartet, dazu kommen Überlebende des Unglücks und Angehörige der 32 Opfer. Vertreter der Reederei Costa Crociere und der Gemeinde Giglio, die als Nebenkläger auftreten, haben sich ebenfalls angekündigt. Und auch die Hauptperson Francesco Schettino wird zum Prozess wieder in Grosseto erwartet.