In Deutschland drohen nach den tagelangen Regenfällen ganze Regionen im Wasser zu versinken. Vielerorts gibt es Katastrophenalarm. Bundeskanzlerin Merkel sichert den Ländern Hilfe zu.

Berlin. Die Hochwassersituation in Süd- und Ostdeutschland spitzt sich weiter dramatisch zu. In mehrere Städten und Landkreisen in Bayern, Thüringen und Sachsen ist Katastrophenalarm ausgerufen worden. Nun bereitet sich die Bundeswehr auf Hilfseinsätze vor. Zudem sicherte Bundeskanzlerin Merkel (CDU) den vom Hochwasser am stärksten betroffenen Ländern die „volle Unterstützung“ zu. Unterdessen wurde in Österreich ein Mann von einer Schlammlawine begraben. In Tschechien starben zwei Menschen, als ihre Datscha auf matschigem Untergrund einstürzte. Das Kabinett in Prag wollte am Abend zu einer Krisensitzung zusammenkommen.

Überlaufende Flüsse fluteten viele Straßen, Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. In Bayern wurde Katastrophenalarm unter anderem in Passau und Rosenheim ausgerufen. In Sachsen waren etwa Zwickau und Chemnitz betroffen, in Ostthüringen der Kreis Greiz.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) berief ein Krisentreffen ein. Nach tagelangem Dauerregen waren in Passau die Einsatzkräfte zusehends überfordert. Viele Häuser waren nur noch über Stege zu erreichen. Bis zum Abend sollte der Pegelstand der Donau - so die Befürchtung – auf mehr als elf Meter steigen. Das Jahrhunderthochwasser 2002 hatte einen Höchststand von 10,81 Metern. In Berchtesgaden brach die Schleuse eines Bergsees, die Wassermassen ergossen sich unkontrolliert ins dort wenig bevölkerte Tal.

In Oberbayern schwoll die Tiroler Achen bedrohlich an. Alle über den Fluss führenden Brücken wurden gesperrt. Die Ortschaften Unterwössen und Schleching waren von der Außenwelt abgeschlossen. Auch die Pegelstände der Mangfall in Rosenheim könnten bald einen neuen Rekord erreichen, befürchtete ein Sprecher der Stadt. Der Damm drohte zu brechen. In Rosenheim wurden erste Stadtteile evakuiert.

Land unter auch in Sachsen und Thüringen: In Greiz wurde mit Evakuierungen begonnen. In Jena sollen die Schulen und Kindergärten am Montag und Dienstag geschlossen bleiben. In Chemnitz trat der gleichnamige Fluss über die Ufer. In Zwickau brachten Helfer Menschen eines Ortsteils in Sicherheit. Das Wasser der Mulde war dort nur noch wenige Zentimeter von der Dammkrone entfernt. Im Vogtland lief die Talsperre Pirk über. In Grimmas Altstadt standen Straßen unter Wasser. „Rund 2000 Menschen müssen in Sicherheit gebracht werden“, sagte eine Stadtsprecherin. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sagte seinen Besuch in der Türkei ab.

In Baden-Württemberg mussten die Helfer zu mehr als 3000 Einsätzen ausrücken. In Reutlingen wurden am Sonntag zwei Menschen vermisst - sie könnten in die Echaz, einen Neckarzufluss, gefallen sein. Dramatische Szenen in Steinmauern bei Rastatt: Eine 29-Jährige war laut Polizei mit ihrem voll besetzten Auto trotz Straßensperre ins Hochwasser von Murg und Rhein gefahren. Der Wagen wurde von der Fahrbahn gespült, verfing sich aber in Bäumen. Die vier Insassen retteten sich aufs Dach. Beim Rettungsversuch kenterte ein Boot der Feuerwehr. Alle zehn beteiligten Personen fielen ins Wasser, konnten aber gerettet werden.

Auch in Sachsen-Anhalt gab es keine Entwarnung. An mehreren Pegeln an der Saale und der Weißen Elster gilt weiter die höchste Warnstufe 4. „Die Lage sieht vor allem bei Wetterzeube dramatisch aus. Hier droht an der Weißen Elster das höchste Hochwasser seit 1924“, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU).

Auf weiten Strecken von Rhein, Main und Neckar wurde die Schifffahrt wegen des Hochwassers gestoppt. Am Mittelrhein wurden weitere Überschwemmungen erwartet. In der Schweizer Rheinmetropole Basel forderte der Krisenstab die Bevölkerung auf, sich nicht in die unmittelbare Nähe des Rheinufers zu begeben.

In Österreich und der Schweiz hielt das Hochwasser Tausende Katastrophenhelfer in Atem. In beiden Alpenländern wurden Straßen und Eisenbahnlinien überflutet oder von Hangrutschen unterbrochen. Besonders stark betroffen war der an Bayern grenzende Innkreis in Österreich. Die Ortschaft Ettenau wurde evakuiert, nachdem die Salzach über die Ufer getreten war. In St. Johann im Pongau bei Salzburg wurden drei Arbeiter von einem Murenabgang überrascht. Einer von ihnen wurde mitgerissen und starb.

In Tschechien galt an mehr als 50 Orten die höchste Warnstufe. Die Moldau drohte, die Prager Altstadt zu überfluten. Der U-Bahn-Verkehr wurde stark eingeschränkt. Patienten eines ufernahen Krankenhauses mussten in Sicherheit gebracht werden. Beim Einsturz eines Wochenendhauses bei Prag starben zwei Menschen. An zwei Flüssen in Böhmen wurden drei Wassersportler vermisst. Die Polizei musste die Suche nach ihnen wegen der Wassermassen abbrechen. Straßen und Bahnstrecken im Süden und Westen des Landes wurden überschwemmt und deshalb gesperrt. Die Regierung schickte rund 200 Soldaten zum Hilfseinsatz.