Zeugnis entfesselter Brutalität: Im Prozess um die Prügelattacke auf Jonny K. schilderte ein Freund des Getöteten die Tat. Als Jonny in die Klinik eingeliefert wurde, war er nicht mehr zu retten.

Berlin. Er war dabei, er wurde selbst schlimm zugerichtet, und er musste hilflos mit ansehen, wie sein Freund starb – der Tag, an dem Jonny K. am Berliner Alexanderplatz tödlich verletzt wurde, hat auch das Leben von Gerhard C. von Grund auf verändert. Am Montag sprach der 29 Jahre alte Lebensgefährte von Jonnys Schwester Tina als Zeuge vor Gericht über diesen Tag. Mehrere Stunden musste er sich anschließend den Fragen des Gerichts und der Verteidiger stellen. Und ihm war anzusehen, wie sehr ihm die schmerzlichen Erinnerungen zusetzten.

Sichtlich bemüht um eine korrekte Aussage, schilderte C., wie er in den frühen Morgenstunden des 14. Oktober nach einer Party in einem Lokal am Alexanderplatz eigentlich nur einen völlig betrunkenen Freund zum nächsten Taxistand bringen wollte. Jonny K. habe sich spontan entschlossen, ihm dabei zu helfen. Ein fataler Entschluss mit tödlichen Folgen. Denn auf ihrem Weg trafen die beiden jungen Männer auf die Angeklagten.

Onur U., nach Ansicht der Staatsanwaltschaft einer der Hauptverdächtigen, wurde dabei von dem Zeugen schwer belastet. U. habe als Erster auf Jonny K. eingeschlagen, berichtete C.: „Danach haben ihn alle umringt und auf ihn eingeschlagen und getreten.“ Das sei „die reine Wahrheit“ beteuerte Gerhard C. auf mehrfaches Nachfragen des Vorsitzenden.

"Regelrecht gestampft"

Von allen Seiten seien die Angreifer auf seinen Freund losgegangen, einer sei hochgesprungen und habe nicht getreten, sondern regelrecht „gestampft“, erklärte C. dem Gericht. „Jonny lag am Boden, zuckte wild und spuckte Blut“, schilderte der Zeuge das Ende der Attacke. Er selbst erlitt durch die Angreifer massive Verletzungen im Gesicht und am Oberkörper, unter anderem einen Bruch des Augenbogens. Bis heute hat er mit den Spätfolgen zu kämpfen. Seine Sehfähigkeit hat gelitten, die linke Hand kann er nur eingeschränkt bewegen.

Es war eine sehr emotionale Aussage des von der Gewaltattacke selbst betroffenen Zeugen. Wie beweiskräftig sie am Ende sein wird, muss sich noch zeigen. Denn ob der monatelang in der Türkei untergetauchte Hauptangeklagte Onur U. tatsächlich als erster und am heftigsten zugeschlagen hat, darüber gibt es inzwischen widersprüchliche Aussagen.

Und vor Gerhard C. hörte das Gericht einen Rechtsmediziner, dessen Angaben Zweifel an Schilderungen einer „Prügelorgie“ nähren. Nach Zeitungsberichten über die Tat am 14. Oktober habe man damit gerechnet, eine übel zugerichtete Leiche zu bekommen, das sei aber nicht der Fall gewesen, sagte der Rechtsmediziner, der Jonny K. obduzierte.

„Medizinische Hilfe war nicht mehr möglich“

Vier schwere Verletzungen am Kopf habe man festgestellt, ansonsten sei der Körper äußerlich erstaunlich unbeschädigt gewesen. Zur Ursache der Kopfverletzungen konnte der Zeuge keine endgültige Klarheit schaffen. Jede der Verletzungen habe zum Tod des Opfers führen können, welche es war, lasse sich nicht mit letzter Sicherheit feststellen. Ebenso ungeklärt blieb auch die für eine Urteilsfindung entscheidende Frage, ob die tödliche Verletzung von Schlägen, Tritten oder einem Sturz herrührte. Fazit des Rechtsmediziners: Alles ist möglich, nichts ist sicher.

Auch die Ärztin, die Jonny K. im Krankenhaus Berlin-Friedrichshain als Erste untersuchte, wurde am Montag als Zeugin gehört. Bei ihrer Aussage wurde deutlich, dass das Schicksal des 20-Jährigen bei der Einlieferung in die Klinik offenbar bereits besiegelt war. Von schlimmen inneren Verletzungen sprach die Medizinerin. Hirnblutungen nach Abriss einer Arterie hätten letztlich zum Tod des Opfers geführt. „Medizinische Hilfe war nicht mehr möglich“, erklärte die Ärztin dem Gericht.

Auch am Montag konnte sich das Gericht nicht ausschließlich mit den Angeklagten und dem Tatgeschehen befassen. Zunächst ging es einmal mehr um verfahrensrechtliche Fragen und Anträge der Verteidiger. Der Grund: Einer der Nebenklagevertreter war von seinem Mandat entbunden und durch einen anderen Anwalt ersetzt worden. Größere Verzögerungen konnte der Vorsitzende aber verhindern. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.