Der Prozess um die Havarie der Costa Concordia hat noch nicht begonnen, da erlebt Italien erneut ein tödliches Schiffsunglück. Diesmal trifft es ausgerechnet Lotsen und Kontrolleure.

Genua. Ein Containerschiff hat einen Kontrollturm im Hafen von Genua gerammt und mindestens sieben Menschen in den Tod gerissen. Drei Hafenmitarbeiter wurden am Mittwochnachmittag noch vermisst. Vier verletzte Männer wurden gerettet und ins Krankenhaus gebracht, wie die Küstenwache mitteilte. Warum der 240 Meter lange Frachter bei dem Routinemanöver vom Kurs abkam, war zunächst unklar. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung unter anderem gegen den Kapitän auf.

Alle Opfer arbeiteten in dem Kontrolltower der Hafenlotsen, der sich nach dem Zusammenstoß um 45 Grad zur Seite neigte und teilweise einstürzte. Einige Beschäftigte fielen ins Hafenbecken, andere wurden unter den Trümmern begraben. Einer der Verletzten berichtete laut Nachrichtenagentur Ansa, er habe zunächst ein Dröhnen gehört und sei dann von Trümmern getroffen worden.

Drei Leichen wurden eingeschlossen im Aufzug des Turms entdeckt. Zum Zeitpunkt des Unglücks war Schichtwechsel, weshalb 14 Menschen in dem Gebäude waren. Taucher und Rettungskräfte suchten am Nachmittag weiter nach den Vermissten, für die es aber kaum noch Hoffnung gab.

Ursache für das Unglück noch nicht geklärt

Der Containerfrachter „Jolly Nero“ der genuesischen Reederei „Messina“ sollte eigentlich aus dem Hafen auslaufen und nach Ägypten fahren. Warum das Schiff am Dienstag um kurz nach 23.00 Uhr vom Kurs abkam und den 54 Meter hohen Turm rammte, war zunächst unklar. Die Staatsanwaltschaft befragte den Kapitän, beschlagnahmte das Schiff und untersuchte es.

Möglicherweise sei der Frachter wegen eines Motorschadens manövrierunfähig gewesen, sagte der Staatsanwalt. Das sei aber nur eine Vermutung, etwas Genaueres könne man noch nicht sagen. „Ich habe keine logische Erklärung für das, was passiert ist“, sagte der Chef der Hafenbehörde, Luigi Merlo. Das Wetter sei gut, andere Schiffe seien nicht unterwegs gewesen. Der Schiffsverkehr in Italiens größtem Industriehafen wurde für mehrere Stunden unterbrochen.

Das Unglück weckt Erinnerungen an die Havarie der Costa Concordia, bei der im Januar 2012 vor der Insel Giglio 32 Menschen starben. „Der Fluch des Meeres“, schrieb die Tageszeitung „Corriere della Sera“. „Noch eine Tragödie“. Vielerorts gab es Schweigeminuten, die beiden Fußballteams aus Genua sollten am Abend mit Trauerflor auflaufen.

Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano sprach den Familien der Opfer sein Mitgefühl aus. Der Präsident habe mit großer Bestürzung von dem Unglück erfahren und bange um das Schicksal der Vermissten, teilte der Quirinalepalast mit. Verkehrsminister Maurizio Lupi eilte zum Unglücksort, traf später die Familien der Opfer und besuchte die Verletzten im Krankenhaus.