Täter werfen Farbbeutel auf das neue Hamburger Wohnhaus des Schauspielers Til Schweiger und zünden das Auto seiner Freundin an. “Tatortverunreiniger“ bekennen sich.

Hamburg. Den Blick ins Innere der Villa versperren Fensterläden. Der Hausherr ist nicht daheim. Ein Bagger steht davor, Betonröhren liegen im Schnee. Die Bauarbeiten sollten eigentlich längst abgeschlossen sein. Doch nicht nur der verspätete Winter macht den Bauherren einen Strich durch die Rechnung: Seit Montag verunstalten sechs weiße Farbflecken die Rotklinkerfassade der neuen Bleibe von Til Schweiger in Hamburg.

Es ist ein hässlicher Empfang, den Unbekannte dem 49 Jahre alten Filmproduzenten und Schauspieler in Hamburg bereiteten. Vor wenigen Wochen erst soll Hamburgs neuer "Tatort"-Kommissar zusammen mit seiner Model-Freundin Svenja Holtmann aus Berlin in das 400-Quadratmeter-Anwesen in den Elbvororten gezogen sein. Jetzt wurde das Haus mit weißer Farbe beschmutzt - und der Wagen der 26-Jährigen angezündet. Dort, wo ihr Mini Cooper parkte, ist der Asphalt vom Ruß schwarz verfärbt.

Es war ein Passant, der den lichterloh brennenden Wagen am frühen Montagmorgen gegen 3 Uhr entdeckt hatte und die Feuerwehr herbeitelefonierte. Dass sich der Wagen nicht selbst entzündet hatte, etwa durch einen technischen Defekt, wurde den Beamten spätestens im Morgengrauen klar. Dann nämlich entdeckten sie die sechs, auf der Rotklinkerfassade gleichmäßig verteilten weißen Farbflecken.

Die Angreifer, die mit Farbe gefüllte Marmeladengläser geworfen haben sollen, hatten wahrscheinlich nicht einmal das Grundstück des Schauspielers betreten müssen, um die Hauswand zu treffen. Im Gegensatz zu den anderen weitläufigen Grundstücken in diesem Viertel steht die Fassade des Hauses nur wenige Meter von der Straße entfernt. Der ehemals cremeweiße Wagen, der auf der Straße geparkt worden war, erlitt einen Totalschaden - er brannte völlig aus, wurde am Nachmittag weggeschleppt.

"Wir ermitteln wegen Sachbeschädigung und Brandstiftung", sagte Polizeisprecherin Sandra Levgrün, ansonsten hält sie sich bedeckt. Sie will nicht einmal bestätigen, dass es sich um das Haus von Til Schweiger handelt. "Hinweise auf einen politischen Hintergrund liegen bislang nicht vor", heißt es. "Wir ermitteln in alle Richtungen."

Täter kritisieren Schweigers Afghanistan-Haltung

Bislang waren in Hamburg vornehmlich (Innen-)Senatoren und Wirtschaftsmanager Ziel solcher Attacken, dies allerdings bereits in einer gewissen Regelmäßigkeit. Zuletzt traf es SPD-Justizsenatorin Jana Schiedek; mit roten und gelben Farbflecken war ihr Mehrfamilienhaus nach dem Anschlag im September übersät.

Eine Spur zu den Tätern und ihren Absichten tauchte allerdings am Montagnachmittag auf: Wie die Hamburger Morgenpost (Mopo) mitteilte, sei in der Redaktion ein Bekennerschreiben eingegangen. Eine Gruppe namens "die Tatortverunreiniger_innen" soll sich darin zu dem Anschlag bekannt haben: Zwei Wochen nach der Ausstrahlung des ersten Schweiger-"Tatorts" mit dem Titel "Willkommen in Hamburg" habe man das Anwesen des 49-Jährigen "mit ,krimineller' Energie heimgesucht".

Schweiger habe mit öffentlichen Äußerungen und seinem Film "Schutzengel" den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan verherrlicht, zitiert das Blatt aus dem Schreiben: "Deutsche Kriegseinsätze mit allen ihren Folgen sollen als normal und gerecht empfunden und akzeptiert werden". Die "Opfer der deutschen Truppen", wie beispielsweise die mehr als 140 Zivilisten, die am 4. September 2009 bei einem Luftangriff nahe Kundus ums Leben gekommen waren, fänden in seinen Äußerungen und Produktionen keinerlei Erwähnung, heißt es in dem Bekennerschreiben.

Hintergrund: Schweiger war im September nach Afghanistan gereist, um den Soldaten seinen neuen Film "Schutzengel" vorzuführen. Während seiner Zeit am Hindukusch führte er für die "Bild"-Zeitung Tagebuch. Darin bekräftigte er mehrfach seine Unterstützung für die deutschen Soldaten, deren Einsatz in der Öffentlichkeit viel zu wenig gewürdigt werde.

Die Polizei wollte das Bekennerschreiben nicht bewerten, bevor es nicht im Landeskriminalamt untersucht worden sei. Sowohl das Management von Schweigers Ex-Frau und Mutter seiner vier Kinder, Dana Schweiger, als auch die Produktionsfirma des Schauspielers selbst teilten auf Abendblatt-Anfrage mit, dass sie sich zu dieser privaten Angelegenheit nicht äußern möchten.

Der 49 Jahre alte Schauspieler und seine Freundin sollen sich während des Anschlags nicht im Haus befunden haben. In der Nachbarschaft hingegen sitzt der Schock aus der Nacht noch tief:

"Es ist einfach bedauerlich", sagte eine Nachbarin, "dass Menschen anderen so etwas antun." Dabei spiele es für sie keine Rolle, ob das Opfer prominent sei oder nicht. "Wir leben hier sehr friedlich", sagte sie. "Jeder kümmert sich um sich." Trotzdem kenne sie den berühmten Nachbar persönlich. Er sei jüngst vorbeigekommen, um sich vorzustellen. "So wie es sich eben gehört."