Über Sinn und Unsinn des RTL-Dschungelcamps wird leidenschaftlich diskutiert. Ein Pro und Kontra aus der Abendblatt-Redaktion.

Oma hat es nie geschafft, mich zu überreden, ihr selbst gemachtes Schwarzsauer doch zumindest mal zu probieren. "Aber dann weißt du doch gar nicht, ob es dir schmeckt", sagte sie. Da hatte Oma recht. Ich aber wollte partout kein streng riechendes, aus Schweineblut hergestelltes Gebräu kosten. Und damit hatte ich irgendwie auch recht. Aus dem gleichen Grund habe ich auch noch nie das Schwarzsauer des deutschen Fernsehens, das Dschungelcamp, ausprobiert - nicht mal eine Minute lang.

Was gewisse TV-Formate betrifft, bin und bleibe ich Totalverweigerer. Heidis Laufsteg-Luder und Dieters Stimmchen-Sternchen gehen mir einfach am ..., Sie wissen schon, vorbei. Nicht etwa, weil ich mich in einer (pseudo-)elitären Ecke wähne. Ich sehe wahrlich genug Filme und Sendungen der Hätte-man-wirklich-auch-lassen-können-Kategorie. Sie können es ruhig Ignoranz nennen. Oder Selbstschutz.

Vielleicht bin ich aber auch einfach nicht intellektuell genug. Denn was ich in den Kultur(!)-Teilen der großen und kleinen Publikationen über die Dschungelcamper so lese, das verstehe ich beim besten Willen nicht. Ich habe mir natürlich erklären lassen, worum es in der Sendung geht. Theoretisch prominente Menschen, die pleite oder publicitysüchtig (oder beides) sind, gehen unter die Madendusche - und je länger sie das aushalten, desto mehr gibt's zum Abendbrot. Als Vorspeise darf man erleben, wie es sich anhört, wenn ein dicker Mann mit ernsten Verdauungsproblemen auf dem Klo hockt. Und als Nachtisch machen die Moderatoren zynische Witze über den Camper-Mob - und die ganze Sendung. Das wird von Fans dann als Selbstironie des Senders gefeiert.

Quotenprinzip 1 also: Der Zuschauer als teilzeitangeekelter Voyeurist wird per Erniedrigung anderer selbst erhöht. Denn die sind ja noch dicker, hässlicher, dümmer, peinlicher, als man selbst je sein könnte. Da fühlt man sich doch gleich viel besser. Dieser Appell an die niederen Instinkte soll durch die ach so witzige Moderation geheilt werden. Um Missverständnisse zu vermeiden: Dieses Prinzip würde selbstverständlich auch bei mir funktionieren. So viel zum Selbstschutz.

Quotenprinzip 2: Tabubruch. Oder um im Slang der Kritiker zu bleiben: Hier kommt es zur Katharsis - der, so Aristoteles, Selbstreinigung des Zuschauers durch ein Theaterstück. So kann man ein Konzept, an dem jeder sadistische Kerkermeister seine helle Freude gehabt hätte, natürlich auch nennen. So viel zum Zynismus.

So, nun schalte ich auch wieder zwei Gänge runter. Erlaubt ist schließlich, was gefällt. Und ich erlaube mir, die Sendung nicht zu mögen. Oder genauer gesagt - sie gar nicht erst einzuschalten. So viel zur Ignoranz.

Obwohl: Wenn nächstes Jahr dann wirklich prominente Leute, zum Beispiel Heidi Klums Friseurin, Günther Jauchs Automechaniker und die Ex-Freundin von Thomas Gottschalks Neffen dabei sind ...

Die andere Meinung:

Abendblatt-Redakteurin Iris Hellmuth

Pro: Die beste Unterhaltung im deutschen Fernsehen