Der 28-Jährige kritisiert: Polizei half Studentin lange nicht, sondern stritt erst über Zuständigkeit und verschwendete wertvolle Zeit.

Neu-Delhi. Fast drei Wochen nach der grausamen Vergewaltigung und Misshandlung einer Studentin in Neu-Delhi könnte die indische Justiz die mutmaßlichen Täter überführen. Der für den Fall zuständige Staatsanwalt erklärte am Sonnabend, dass die Blutspuren an der Kleidung aller sechs Verdächtigen mit der DNA des 23-jährigen Opfers übereinstimmten. In einer erschütternden Schilderung des Tathergangs erhob ihr Freund, der das Martyrium in einem Kleinbus überlebte, derweil schwere Vorwürfe gegen Polizei und Passanten. Die Frau war zwei Wochen nach der Tat an ihren schweren Verletzungen gestorben.

Am Sonnabend wurden fünf Männer, die des Verbrechens schuldig sein sollen, von einem eigens eingerichteten Schnellgericht vorgeladen. Die Polizei wirft ihnen unter anderem Mord vor, was im Falle einer Verurteilung die Todesstrafe nach sich ziehen könnte. Ein sechster Verdächtiger ist wohl noch minderjährig und dürfte deshalb vor ein Jugendgericht kommen.

Die Blutspuren an der Kleidung aller sechs Verdächtigen passe zur DNA der Studentin, sagte Staatsanwalt Rajiv Mohan. Dies habe das Krankenhaus in Singapur festgestellt, in dem die schwer verletzte Frau nach dem Verbrechen behandelt wurde und später verstarb. Die Übereinstimmung gelte sowohl für die fünf festgenommenen Erwachsenen als auch für den weiteren Beschuldigten. Dessen Alter muss noch per Knochentest ermittelt werden, soll aber wahrscheinlich unter 18 Jahren liegen.

Drei Wochen nach der brutalen Gruppenvergewaltigung äußerte sich der Begleiter der Frau erstmals öffentlich zu dem grausamen Verbrechen. „Ich kann nicht in Worte fassen, wie brutal der Angriff war“, sagte der Mann am Freitag einem indischen TV-Sender. „Selbst Tiere verhalten sich nicht so.“ Durch seine Schilderung geriet auch die Polizei ins Zwielicht.

„Sie haben untereinander gestritten und konnten sich nicht entscheiden, welche Polizeistation für den Fall zuständig sei“, sagte der nicht näher identifizierte Mann, den die übertragende Fernsehstation Zee News bloß als „Indiens Held“ vorstellte. 20 Minuten seien so vergangen, schließlich habe er selbst die Schwerverletzte ins Auto hieven müssen. „Vielleicht wollten sich die Polizisten nicht die Hände schmutzig machen mit all dem Blut.“

Der Bruder der 23-Jährigen machte die verzögerte Hilfeleistung für den Tod seiner Schwester mitverantwortlich. Fast zwei Stunden habe es nach deren Erzählung gedauert, bis sie und ihr ebenfalls misshandelter Freund ins Krankenhaus kamen. „Bis dahin hatte sie schon eine Menge Blut verloren“, zitierte die Nachrichtenagentur Press Trust of India den Bruder.

Polizei weist Vorwürfe zurück

Der Polizeivertreter Vivek Gogia wies am Samstag den Vorwurf zurück, die Beamten hätten lange gestritten, bevor die beiden in die Klinik gebracht wurden. Die Beamten seien vielmehr schon drei Minuten nach ihrer Alarmierung eingetroffen und zwölf Minuten später mit den Verletzten zum Krankenhaus gefahren. Die Zwischenzeit sei genutzt worden, um in einem Hotel ein Betttuch aufzutreiben, mit dem sich die Entblößten bedecken konnten.

Zuvor war die Studentin auf dem Heimweg von einem Kinobesuch mit ihrem Freund in einen Minibus in der Hauptstadt Neu-Delhi gestiegen und dort vergewaltigt worden. Sie und ihr Begleiter wurden verprügelt und nackt aus dem fahrenden Bus geworfen. Die Tortur soll sich quälend lange hingezogen haben.

Eigentlich hätten er und seine Freundin an jenem Abend lieber mit einer Autorikscha nach Hause fahren wollen, sagte der Freund des Opfers Zee News. Dann seien sie jedoch in den mit sechs Männern besetzten Bus gestiegen und nach einer Weile erst belästigt und dann angegriffen worden.

„Ich habe mich mit drei von denen geprügelt“, schilderte der junge Mann, der während des Interviews mit einem gebrochenen Bein im Rollstuhl saß. „Ich schlug hart zu. Aber dann haben mich zwei andere mit einer Eisenstange traktiert.“ Seine Freundin habe versucht, mit dem Handy die Polizei zu alarmieren, aber die Männer hätten es ihr weggenommen, sagte er. Dann hätten sie die Frau zu den Rücksitzen im Bus gezerrt und vergewaltigt. Nach der Tortur seien einige der Angreifer schließlich davon ausgegangen, dass ihr Opfer tot sei.

Nachdem ihre nackten und blutenden Körper aus dem Bus geworfen worden seien, habe er bei vorbeifahrenden Rikscha- und Autofahrern um Hilfe gewunken. Doch vergeblich: „Sie verlangsamten ihr Tempo, schauten auf unsere nackten Körper und fuhren weiter.“ Anstatt medizinisch versorgt zu werden, habe er dann vier Tage auf einer Polizeistation verbracht, um bei den Ermittlungen zu helfen.

„Täter sollten bei lebendigem Leibe verbrannt werden“

Seine mit dem Tod ringende Freundin habe noch im Krankenhaus ihre Zeugenaussage abgegeben. „Und sie sagte mir, dass die Täter bei lebendigem Leibe verbrannt werden sollten“, erzählte ihr Begleiter. Seinen eigenen Auftritt im Fernsehen begründete er damit, Opfer ähnlicher Verbrechen ermutigen zu wollen, über ihr Leid zu sprechen und derlei Verbrechen ans Licht zu bringen. „Die Menschen sollten gemeinsam dafür kämpfen, dass ein solches Verbrechen nie wieder passiert – in Anerkennung an sie.“