Die Beschuldigten müssen sich wegen Mordes, Gruppenvergewaltigung und Entführung verantworten. Ihnen droht die Todesstrafe.

Neu Delhi. Nach der tödlichen Vergewaltigung einer jungen Studentin in Indien sind fünf der mutmaßlichen Täter am Donnerstag angeklagt worden – und könnten nun am Strick enden. Sie sollen die 23-jährige Frau im Dezember vergewaltigt, mit einer Eisenstange geschlagen und anschließend nackt aus einem fahrenden Bus geworfen haben. Die Behörden fordern für die Beschuldigten im Alter von 19 bis 33 Jahren die Todesstrafe. Ihnen wird neben der Vergewaltigung unter anderem Mord, Menschenraub, und Vernichtung von Beweismaterial vorgeworfen.

Ein sechster Verdächtiger ist offenbar noch minderjährig, kann deshalb nicht des Mordes angeklagt werden und dürfte vor einem Jugendgericht landen, das maximal drei Jahre Haft anordnen kann. Wegen des brisanten Falls von internationalem Interesse und des öffentlichen Drucks war am Mittwoch eigens ein Schnellgericht einberufen worden. Am Samstag soll nun die erste Anhörung folgen, wobei die Staatsanwaltschaft eine geschlossene Verhandlung beantragt hat.

Die Studentin war am Abend des 16. Dezember in einem Minibus in der Hauptstadt Neu-Delhi stundenlang misshandelt worden, nachdem sie sich mit einem Freund einen Kinofilm angesehen hatte. Auch ihr Begleiter wurde verprügelt und aus dem fahrenden Bus geworfen. Zwei Wochen nach der Tat erlag die 23-Jährige in einem Krankenhaus in Singapur ihren schweren inneren Verletzungen. Medienberichten zufolge wurden inzwischen Aussagen von 30 Zeugen gesammelt, der Polizeireport soll mehr als 1000 Seiten umfassen.

Die Vergewaltigung hat in Indien heftige Diskussionen über den Umgang mit Frauenrechten ausgelöst. Auch am Mittwoch demonstrierten wieder Tausende Inderinnen mit einem Schweigemarsch für mehr Schutz von Frauen in ihrer Heimat. Viele Bürger erwarten nun von den Behörden strengere Gesetze und ein härteres Durchgreifen der Polizei.

Die Vorsitzende der regierenden Kongresspartei, Sonia Gandhi, versprach noch mehr Engagement ihrer Partei gegen die „perversen, beschämenden“ Zustände in der Gesellschaft, die es Männern erlaubten, Frauen ungestraft zu belästigen und zu vergewaltigen. Laut einem Bericht der „Times of India“ wurden 2012 allein in der indischen Hauptstadt mehr als 600 Fälle von Vergewaltigung bei der Polizei gemeldet. Mehr als 750 Männer seien festgenommen, aber nur einer verurteilt worden.

Vor Beginn des Verfahrens gegen die sechs Beschuldigten bemühte sich der Vorsitzende Richter Altamas Kabir um Glättung der Wogen. Bei aller Empörung müsse den Verdächtigen ein fairer Prozess gemacht werden, Lynchjustiz sei nicht akzeptabel. „Wir sollten nicht vergessen, dass eine Person als unschuldig gilt, bis das Gegenteil bewiesen ist“, sagte er bei der Einsetzung des neuen Schnellgerichts.

Die Regierung will zudem vier weitere Schnellgerichte schaffen, um der in Indien oft jahrelangen Verschleppung von Prozessen wegen sexueller Gewalt einen Riegel vorzuschieben. Vergangene Woche setzten die Regionalbehörden des Bundesstaats Punjab schon ein Zeichen, indem sie zwei Polizisten feuerten und einen Dritten suspendierten. Den drei Männern wird vorgeworfen, die Ermittlungen in einem Fall von Gruppenvergewaltigung verschleppt und das Opfer selbst belästigt zu haben, woraufhin die Frau Selbstmord beging.