Eine junge Französin verklagt die Arzneimittelaufsicht und den Leverkusener Bayer-Konzern wegen schwerer Gesundheitsschäden.

Paris/Frankfurt. Diskussionen über die Gefahren neuerer Antibaby-Pillen haben die französische Arzneimittelaufsicht auf den Plan gerufen. Ab April sollen die Verschreibungskosten für Pillen der sogenannten dritten Generation nach dem Willen des Gesundheitsministeriums in Paris nicht mehr erstattet werden. Die Diskussionen sind in Frankreich neu aufgeflammt, seit eine junge Frau die Arzneimittelaufsicht und den Bayer-Konzern wegen schwerer Gesundheitsschäden nach Einnahme von dessen Pille Meliane verklagt. Bayer will die Vorwürfe untersuchen: „Wir werden etwaige Behauptungen – sobald sie uns vorliegen – prüfen und danach über unsere nächsten Schritte entscheiden“, erklärte der Leverkusener Konzern am Freitag.

In Frankreich werden die Verschreibungskosten für Antibaby-Pillen zu 100 Prozent erstattet. Bei dem Bayer-Präparat Meliane handelt es sich um eine Antibaby-Pille der dritten Generation. Alle Antibaby-Pillen bergen die Gefahr von Thrombosen. Manche Studien hatten allerdings das Thrombose-Risiko bei Pillen der dritten und vierten Generation höher eingestuft als bei Vorgänger-Präparaten. Bei Frauen sind die neueren Pillen besonders deshalb beliebt, weil sie im Unterschied zu älteren Präparaten mit weniger unerwünschten Nebenwirkungen wie etwa Gewichtszunahme und Akne verbunden sein sollen. Thrombosen werden durch Gerinnsel in den Blutgefäßen ausgelöst. Wandern sie in die Lunge oder in das Gehirn, kann es zu gefährlichen Embolien und Schlaganfällen kommen.

Die französische Arzneimittelaufsicht ANSM hat erst vor wenigen Tagen eine Überprüfung der Verschreibungspraxis von Ärzten auf den Weg gebracht. Sie will untersuchen, ob Ärzte womöglich zu häufig die Pillen der dritten und vierten Generation verschreiben, die höhere Risiken bergen. Auch in den USA währt die Diskussion um Gesundheitsgefahren neuer Antibaby-Pillen schon seit geraumer Zeit. Dort hatte die US-Gesundheitsbehörde im vergangenen Jahr angeordnet, die Warnhinweise in den Beipackzetteln neuerer Präparate zu verschärfen.

ZAHLREICHE PROZESSE IN DEN USA

Die Gerichte in den USA beschäftigen sich schon seit Jahren mit einer Vielzahl an Fällen, in denen Frauen Unternehmen für Gesundheitsschäden verantwortlich machen. So muss sich der Bayer-Konzern dort vor Gericht mit den Anwälten tausender Frauen auseinandersetzen, die ihn wegen seiner Pillen Yaz und Yasmin verklagt haben. Ende Oktober hatte das Unternehmen mitgeteilt, es habe sich ohne Anerkennung einer Haftung bis zum 15. Oktober insgesamt mit 3490 Klägerinnen verglichen und dafür 750 Millionen Dollar gezahlt. Im dritten Quartal hatte Bayer dafür 205 Millionen Euro an Kosten in seiner Bilanz untergebracht. Insgesamt haben Bayer zufolge bis Mitte Oktober in den USA etwa 13.500 Frauen gerichtlich und außergerichtlich Ansprüche gestellt.