Mutmaßliches Missbrauchsopfer in der Berliner Charité soll 2008 einen Sozialarbeiter des sexuellen Missbrauchs beschuldigt haben.

Berlin. Die Zweifel an der Darstellung des 16-jährigen mutmaßlichen Missbrauchsopfers in der Berliner Charité werden offenbar stärker. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte die Jugendliche 2008 einen Schul-Sozialarbeiter des sexuellen Missbrauchs beschuldigt. Mitte November soll ein Pfleger in der Rettungsstelle der Charité am Campus Virchow das Mädchen missbraucht haben.

Gegen den Sozialarbeiter wurde damals kein Ermittlungsverfahren eingeleitet, wie der Sprecher der Anklagebehörde, Martin Steltner, am Mittwoch sagte. Er bestätigte damit Medienberichte. Zu Details wollte er sich nicht äußern.

Nach Angaben mehrerer Zeitungen soll der Sozialarbeiter das Mädchen beim Schwänzen der Schule erwischt haben. Daraufhin habe sie ihn lautstark des sexuellen Missbrauchs bezichtigt. Andere Blätter berichteten, sie habe damit gedroht. Der Vorfall sei intern geklärt worden.

Dies gebe „Anlass, den Verdacht besonders sorgfältig zu prüfen“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Das sei aber nicht möglich, weil die Ermittler das Mädchen bisher nicht vernehmen konnten.

Zwar habe die Familie in der vergangenen Woche bestätigt, eine Ladung erhalten zu haben, den Termin jedoch mit unterschiedlicher Begründung abgesagt. Zu einem von der Polizei für Montag dieser Woche vorgeschlagenen Termin sei die Jugendliche – ohne Angabe von Gründen – nicht erschienen.

Die Staatsanwaltschaft hingegen könne grundsätzlich die Vernehmung von Geschädigten oder Zeugen anberaumen und die Betroffenen notfalls auch polizeilich vorführen lassen oder ein Ordnungsgeld verhängen, erläuterte Steltner. Wenn mutmaßliche Opfer allerdings nicht zur Aussage bereit seien, „muss man sich gerade bei Sexualstraftaten die Frage stellen, ob das Sinn macht“.

Auch der Charité ist es bislang nicht gelungen, Kontakt zur Familie aufzunehmen, wie ein Sprecher auf Anfrage sagte. Klinik-Chef Karl Max Einhäupl habe unzählige Male versucht, mit ihr zu telefonieren. Auch auf einen Brief hätten die Eltern nicht reagiert.

Der Pfleger, der den Vorwürfen widersprochen hatte, war unmittelbar danach suspendiert worden. Gegen ihn wurde – nach anfänglichem Zögern – Strafanzeige erstattet. Inzwischen sei ihm die Kündigung ausgesprochen worden, sagte der Charité-Sprecher. Der Personalrat habe sie jedoch abgelehnt.

Der Pfleger soll bereits 2011, 2009 und 2005 wegen Übergriffen auffällig geworden sein. Konkrete Anhaltspunkte gebe es dafür weiterhin nicht, sagte der Sprecher. Die Prüfung dauere an.