Bei dem Feuerdrama im Schwarzwald sind 13 Behinderte und eine Betreuerin erstickt oder verbrannt. Papst Benedikt XVI. betet für die Opfer.

Titisee-Neustadt/Stuttgart. Nach der Brandkatastrophe in einer Behindertenwerkstatt in Titisee-Neustadt im Schwarzwald hat die Polizei die 14 Opfer identifiziert. Zehn Frauen und drei Männer mit Handicaps kamen demnach ums Leben. Auch für eine 50-jährige Betreuerin kam jede Hilfe zu spät. Die behinderten Frauen waren im Alter von 28 bis 68 Jahren, die Männer zwischen 45 und 68 Jahren, wie die Polizei am Dienstag mitteilte. Neun Menschen wurden schwer verletzt.

Papst Benedikt XVI. gedachte der Opfer und versicherte den Hinterbliebenen in einem Brief an den Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch seine tief empfundene Anteilnahme. Kirchen und die Gemeinde Titisee-Neustadt planen für kommenden Sonnabend eine ökumenische Trauerfeier. Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) sah keine Versäumnisse bei den Sicherheitsvorkehrungen in der Werkstatt. Die Brandursache war zunächst weiter unklar.

Das Feuer war am frühen Montagnachmittag in einer Werkstatt für geistig und mehrfach Behinderte ausgebrochen. Für die über 100 Behinderten und Betreuer war die von der Caritas getragene Einrichtung zur Falle geworden. Die Feuerwehr hatte in einer dramatischen Aktion 97 Menschen gerettet: 81 Behinderte und 16 Betreuer.

Warum es zu dem Brand kam und wie hoch der Sachschaden ist, wollte die Polizei zunächst noch nicht sagen. Bereits in der Nacht hatte eine Gruppe von Ermittlern der Polizei nach Spuren gesucht. Im Einsatz waren auch Brandsachverständige. Hinweise auf fehlende Sicherheitseinrichtungen oder Mängel beim Brandschutz habe es ersten Untersuchungen zufolge keine gegeben, hieß es.

Minister Gall warnte vor übereilten Bewertungen. Die Werkstatt habe zwar keine Sprinkleranlagen gehabt. „Diese waren aber auch nicht vorgeschrieben.“ Die Deutsche Hospiz Stiftung hatte verlangt, dass soziale Einrichtungen innerhalb der nächsten vier Jahre mit Sprinkleranlagen ausgerüstet werden müssten. „Was für die deutschen Flughäfen gilt, muss gerade für Einrichtungen der Pflege- und Behindertenfürsorge gelten“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kündigte an, am Sonnabend werde das ganze Land trauerbeflaggt. Er und Gall waren am Montag zum Unglücksort geeilt. „Ich habe in meiner Erinnerung keine Einsatzstelle erlebt, bei der ich ein so hohes Maß an Entsetzen, an Verzweiflung, an Hilflosigkeit, an tiefer Traurigkeit erlebt habe“, sagte der Innenminister. „Es kommt nicht oft vor, dass ich weinende Einsatzkräfte sehe. Gestern habe ich sie gesehen.“

Die Behörden haben mittlerweile in etwa rekonstruiert, was nach Ausbruch des Brandes geschehen ist: Innerhalb kürzester Zeit breitete sich in dem dreistöckigen Gebäude lebensgefährlicher Rauch aus, der den Menschen drinnen den Atem nahm. Fluchtwege waren abgeschnitten, schließlich brach Panik aus. Viele Behinderte, die nur eingeschränkt laufen können oder im Rollstuhl sitzen, waren orientierungslos. Sie standen am Fenster und riefen um Hilfe.

Womöglich waren in einem Lagerraum zuvor Chemikalien explodiert, der Betrieb verarbeitet Holz. Ob eine Heizung das Feuer ausgelöst hat, wollte die Polizei nicht bestätigen. Feuerwehren und Technisches Hilfswerk (THW) waren die ganze Nacht mit den Aufräumarbeiten beschäftigt.

Die Behindertenwerkstatt wird längere Zeit geschlossen bleiben. Die Schäden seien immens, sagte ein Sprecher der Caritas. Zwei Stockwerke des Gebäudes seien durch Feuer und Rauch nahezu komplett zerstört. Die Einrichtung solle hergerichtet und wieder eröffnet werden. Die Behinderten würden so lange in anderen Einrichtungen untergebracht. Hierfür erhalte die Caritas auch die Hilfe anderer Träger.

Caritas-Präsident Peter Neher will nun die Notfallpläne auf den Prüfstand stellen. In den Behindertenwerkstätten gebe es aber Pläne für den Notfall, die in regelmäßigen Abständen geübt würden, sagte Neher im ZDF. „Von den formalen Voraussetzungen denke ich, war da alles gegeben.“

Die Kirchen und die Gemeinde planen eine Trauerfeier. „Es gibt ein großes Bedürfnis der Hinterbliebenen und der Bürger, gemeinsam Abschied zu nehmen“, sagte Bürgermeister Armin Hinterseh. Auch die Rettungskräfte hätten diesen Wunsch geäußert.