Die Geschichte von Rick und Ilsa aus “Casablanca“ berührt bis heute: Der Filmklassiker wird 70 - eine Fortsetzung ist geplant.

Hamburg. Nur wenige Filme sind in die Alltagskultur eingegangen. Kein runder Duschkopf, der nicht an Hitchcocks "Psycho" erinnert. "Pappa ante Portas" - das Modell aller Ruheständler, die ihr Zuhause endlich kennenlernen. Jeder weiß, wie James Bond seinen Martini trinkt. Aber "Casablanca" toppt alles, von "Ich seh dir in die Augen, Kleines" bis zu "Spiel's noch einmal, Sam". Woody Allen machte aus "Play it Again Sam" gleich einen eigenen Film.

"Casablanca" hat nichts von seiner Popularität eingebüßt, seit der Film heute vor 70 Jahren, am 26. November 1942, im New Yorker "Warner Hollywood Theatre" Weltpremiere hatte. 1943 war er für acht Oscars nominiert. 1944 wurde er als bester Film, für die beste Regie und das beste adaptierte Drehbuch ausgezeichnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg traf der Film die Gefühlslage des Publikums: Es konnte mit den Themen Mut, Patriotismus und einer Liebe, die der Krieg auseinanderbringt, viel anfangen.

Im Original spielt Humphrey Bogart den desillusionierten Barbesitzer Rick Blaine, der in Casablanca das Café Américain betreibt. In Marokko regieren Hitlers Vichy-Vasallen, es herrschen Angst und Korruption. Plötzlich taucht Ricks alte Liebe aus Pariser Zeiten auf, Ilsa Lund (Ingrid Bergman). Sie wartet auf ihren Mann, den Widerstandskämpfer Victor Laszlo (Paul Henreid), mit dem sie in die USA flüchten will. Bar-Pianist Sam (Dooley Wilson) spielt das wehmütige "As Time Goes By", Rick schwelgt in Erinnerungen. Aber jetzt wird er in die große Politik hineingezogen, der er immer ausweichen wollte. Die begehrten Transit-Visa zur Ausreise sind nur über den bestechlichen Polizeichef Louis Renault (Claude Rains) zu bekommen. Schließlich wandelt sich der Zyniker Rick zum selbstlosen Retter, trickst Renault aus und verhilft Ilsa und Victor zur Flucht.

Die Dreiecksgeschichte wurde vom American Film Institute sogar zum besten Liebesfilm aller Zeiten gekürt. Die Handlung folgte gängigen Mustern - eine schöne Frau zwischen zwei Männern - und war eine der vielen Produktionen in Hollywood. Regisseur Michael Curtiz hatte bereits mehr als 120 Filme inszeniert. Doch es gab mehrere Gründe, warum gerade "Casablanca" zu einem so großen Wurf wurde. Mit der Figur des Rick Blaine erschien ein "einsamer Wolf" auf der Bildfläche. Der Film war Propaganda gegen das Dritte Reich und Fluchtversuche von Exilanten ein Tagesthema. Für unfreiwillige Schlagzeilen sorgte auch die Konferenz von Casablanca, ein Geheimtreffen der Anti-Hitler-Koalition, das kurz vor dem US-Filmstart stattfand.

Vor allem aber machten die unvergesslichen Szenen wie der Abschied am Flughafen und die brillanten Dialoge den Film zum Meisterwerk. In der legendären Schlussszene fällt die Entscheidung, welche beiden Liebenden das Flugzeug besteigen, erst im allerletzten Moment. Die Verwirrung in Bergmans Gesicht ist echt, bis zum letzten Drehtag wurde ihr nicht verraten, mit wem Ilsa in die Freiheit fliegen würde. Zitate aus "Casablanca" gehören zum Kulturgut. In Deutschland hat Bogarts Satz "Here's looking at you, kid" durch die Synchronisation ein Eigenleben entwickelt. Nur in einer ersten Fassung wurde er mit "Schau mir in die Augen, Kleines" übersetzt. In der bis heute gezeigten Version sagt Rick mit der Stimme von Joachim Kemmer "Ich seh dir in die Augen, Kleines". Schon im Original wurde von Bogart improvisiert, im Drehbuch stand der Trinkspruch "Here's good luck to you" ("Viel Glück für dich"). Auch der Satz "Play it once, Sam" wurde mit "Spiel's noch einmal, Sam" leicht verfälscht übertragen.

Aus "Casablanca" stammen mehr berühmte Zitate als aus jedem anderen Film. Auf der Top 100 des American Film Institute ist der Film sechsmal vertreten: "Ich seh dir in die Augen, Kleines" (Platz 5), "Louis, ich glaube, dies ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft" (20), "Spiel's noch einmal, Sam" (28), "Verhaften Sie die üblichen Verdächtigen" (32), "Uns bleibt immer noch Paris" (43) und "Von allen Kaschemmen der ganzen Welt kommt sie ausgerechnet in meine" (67).

Howard Koch, neben Julius und Philip Epstein fürs Drehbuch verantwortlich, entdeckte bei der Uraufführung "nichts als die Fehler". Bei der Arbeit schrieb er im Akkord nachts die Szenen für den kommenden Tag. Koch sorgte für die politischen und melodramatischen Aspekte der Handlung, während die Epstein-Brüder für den Anfang der Geschichte, die meisten Dialoge und die humoristischen Elemente zuständig waren. Als "Casablanca" zehn Jahre später in die deutschen Kinos kam, wurde eine um 25 Minuten gekürzte Fassung gezeigt: Alle Propagandaelemente fehlten. Erst seit 1975 ist er in der ungekürzten und neu synchronisierten Fassung zu sehen. Mit der Szene, als deutsche Soldaten in Ricks Café das Lied "Es braust ein Ruf wie Donnerhall" anstimmen - und dann all die anderen Gäste mit der "Marseillaise" die Nazis niedersingen ...

Wie die Geschichte mit Ilsa, Rick und Victor Laszlo weitergeht, beschäftigt Publikum und Filmindustrie seit 70 Jahren. Jetzt könnten Pläne für ein "Casablanca Reloaded" wahr werden: Nach einem Bericht der "New York Post" will sich Produzentin Cass Warner - Enkelin von Harry Warner, Mitbegründer von Warner Brothers und Großnichte von Jack L. Warner, Produzent der "Casablanca"-Urfassung - an die "Rückkehr nach Casablanca" heranwagen. Warner Brothers habe angekündigt, in das Projekt miteinzusteigen, wenn sie einen Regisseur gefunden habe. Das Script hatte Howard Koch schon 1980 begonnen: Ilsa und Victor Laszlo versuchen, Rick wiederzufinden. Ilsa ist schwanger von Rick. Victor adoptiert den kleinen Richard. Die Haupthandlung beginnt um 1960, als Richard nach dem Tod seiner Eltern auf der Suche nach seinem leiblichen Vater nach Casablanca kommt. Er findet Ricks Café von den Nazis zerstört vor. Eine Guerilla-Bewegung macht Jagd auf ehemalige Nazi-Kollaborateure - angeführt von einer schönen Araberin. (Man ahnt, was folgt.) Schließlich kommt Richard dem Schicksal seines Vaters auf die Spur ...