Die Fliegerbombe in München ist gesprengt, der gewaltige Feuerball erloschen. Was bleibt ist ein Krater mitten in der Stadt und Menschen, die um ihre beschädigten Wohnungen bangen.

Berlin. Bei der Sprengung der 250-Kilogramm-Bombe in München ist niemand verletzt worden. Als Folge der Sprengung habe es Sachschäden gegeben, sagt Jörg Fiebach, Branddirektor der Feuerwehr München, am Mittwoch vor Journalisten. Ein Haus sei so gut wie komplett ausgebrannt, viele Glasscheiben seien zu Bruch gegangen. Es sei aber kein Haus eingestürzt. Dennoch bleiben viele Schäden und die Frage: Wer mus sjetzt zahlen?

Mieter und Hausbesitzer können ihre Schäden bei ihrer Versicherung geltend machen. Die Versicherungskammer Bayern, die rund 70 Prozent der Wohngebäude im Freistaat versichert hat, begann am Mittwoch mit der Aufnahme der Schäden. Explosionsschäden am Haus seien durch die Gebäudeversicherung gedeckt, sagte Sprecherin Claudia Scheerer in München. Für Schäden in der Wohnung sei die Hausratsversicherung zuständig.

Die Allianz-Versicherung teilte mit, dass sie bei Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg grundsätzlich zahlt, selbst wo Kriegswaffenschäden im Vertrag eigentlich ausgenommen seien. Für einen abgebrannten Dachstuhl, zerborstene Fensterscheiben oder das beschädigte Parkett stehe die Wohngebäude-Versicherung gerade, für kaputte Schaufenster die Glasversicherung, erklärte Allianz-Sprecherin Sabine Schaffrath. Beschädigtes Mobiliar werde von der Hausratversicherung ersetzt.

Firmen könnten die Betriebsunterbrechungs-Versicherung in Anspruch nehmen, wenn sie ihr Haus wegen Sachschäden nicht mehr nutzen könnten, sagte Schaffrath. Bei der Sachversicherung sei immer der Neuwert versichert – auch für ein 20 Jahre altes Dach werde also ein neues Dach bezahlt, ohne Abzüge für Wertminderung, erklärte sie.

+++ Hier sehen Sie die Sprengung der Fliegerbombe im Video +++

Viele Anwohner sind dennoch verärgert. Ronny Kleiner steht vor den Trümmern seiner Existenz. Der 39-Jährige ist Inhaber eines Münchner Modegeschäftes. Bei der kontrollierten Sprengung eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg wurde sein Laden am Dienstag komplett zerstört. „Ich fühle mich wie nach einem Unfall. In mir zittert alles“, sagt Kleiner und blickt fassungslos auf die verkohlten Reste der Einrichtung. Die Polizei hatte ihn am Mittwochmorgen in die gesperrte Zone gelassen, damit er sich ein Bild machen kann: Von seinem Laden ist nichts mehr übrig. Alles komplett ausgebrannt. „Meine Existenz steht auf dem Spiel. Ich muss heute gleich mit der Versicherung telefonieren. Keine Ahnung, ob es hier überhaupt weitergeht.“

Zerborstene Scheiben, aufgedrückte Türen, aus der Verankerung gerissene Fenster – viele Häuser rund um die Bombengrube sind am Morgen nach der Sprengung im Stadtteil Schwabing stark beschädigt. In der Baugrube ist der Boden verrußt, dazwischen sind Pfützen vom Löschwasser. Über allem liegt beißender Geruch. An der Polizeiabsperrung diskutieren Anwohner und Schaulustige. Ihre Stimmung ist zwiegespalten. Die Menschen sind froh, dass nicht noch mehr passiert ist, andererseits sind die Schäden teilweise erheblich. Aber alle sind erleichtert, dass bei der riskanten Sprengung niemand verletzt wurde.

Dass die Druckwelle bei der Detonation der Bombe so enorm war, habe selbst die Sprengmeister überrascht, sagt ein Sprecher der Berufsfeuerwehr am Mittwoch. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) besichtigt am Vormittag die Straße und nennt es erschütternd, welche Wirkung die Bombe trotz aller Vorsichtsmaßnahmen gehabt hat. Wäre der Sprengkörper schon bei den Bauarbeiten hochgegangen, dann hätte es wohl einen gewaltigen Katastrophenfall gegeben.

Lediglich ein Geschäft sei ausgebrannt, sagt Ude, ansonsten seien meist nur Verkleidungen und Gerüste in Flammen aufgegangen, die zum Schutz der Häuser aufgestellt worden seien. Die Rechtsfrage sei überaus schwierig, sagt der Rathaus-Chef. „Die Vorsichtsmaßnahmen waren umfassend und fehlerfrei. Im Vorfeld sind die gar als übertrieben kritisiert worden.“

Nun müssten Statiker die Häuser kontrollieren, damit die Menschen in ihre Wohnungen zurück können. Die Bewohner der am schwersten betroffenen Gebäude wurden inzwischen in Hotels untergebracht und sind nicht mehr in Notunterkünften.

Zweifel, ob das leicht entflammbare Stroh als Dämmstoff bei einer Sprengung nicht ungeeignet sei, räumt ein Feuerwehrsprecher aus. „Stroh ist leicht und hat eine sehr gute Dämmwirkung. Außerdem lässt es sich auf die Schnelle in großen Mengen beschaffen. Welches Material hätte man sonst nehmen sollen?“ Weltweit werde bei Sprengungen mit Stroh gearbeitet.

Auch die Scheiben eines Friseurgeschäfts wurden zertrümmert. Ob und wann das Geschäft wieder aufmachen kann, ist unklar. Ihre zehn Angestellten haben die Inhaber in Zwangsurlaub geschickt. „Die Gehälter laufen weiter, der Umsatz bleibt aus“, sagt einer der beiden resigniert.

Mehr Glück hatte Heinz Scherer. Sein Obstladen liegt direkt am Platz der Münchner Freiheit. Die Rückwand grenzt an die Bombengrube. Am Mittwochmorgen kann er sein Geschäft wieder normal öffnen. Lediglich die Kellertür sei eingedrückt worden. Sämtliche Fensterscheiben sind ganz geblieben. „Ich hatte mir alles viel schlimmer vorgestellt“, sagt er erleichtert. Einen Tag Verdienstausfall habe er gehabt. „Aber das werde ich verkraften.“

Mit Material von dpa und dapd