In die glitzernde Welt der Oscar-Verleihungen mischt sich dieses Jahr auch ein Quentchen Politik: Die für Sonntag geplante Ehrenauszeichnung für den US-Regisseur Elia Kazan ist in Hollywood höchst umstritten.

Hamburg. 19.03.1999

Denn in den 50er Jahren denunzierte der heute 89jährige acht Kollegen als Mitglieder der Kommunistischen Partei. Seither ist sein Name untrennbar mit McCarthys Hexenjagd des Kalten Krieges verbunden, die zahlreiche linke Künstler in Arbeitslosigkeit und Exil, einige auch in den Selbstmord trieb. Der Vorschlag, Kazan für sein Lebenswerk zu ehren, kam im Januar vom Schauspieler Karl Malden, der in Kazans "Die Faust im Nacken" 1954 eine Hauptrolle gespielt hatte.

Die 39 Mitglieder des Verwaltungsrats der US-Filmakademie stimmten einmütig zu - wohl ohne zu ahnen, welchen Wirbel sie mit ihrer Entscheidung auslösen würden. Kazan, dessen Werk die gesamte Zunft beeinflußt habe, sei einer der "außergewöhnlichsten Filmregisseure des Jahrhunderts", begründeten sie ihre Wahl. In der Tat sind die Meriten des heute 89jährigen Kazan für die Filmbranche unumstritten. Er war einer der Gründer des Actors Studio, der legendären Schauspielschule, an der Generationen von US-Stars ausgebildet wurden. Er gilt als Entdecker von James Dean, machte einen Star aus Marlon Brando und förderte Warren Beatty und Robert De Niro. Für "Die Faust im Nacken" heimste er seinen zweiten Oscar ein, ein Jahr später brachte er mit "Jenseits von Eden" ein weiteres Meisterwerk heraus.

Seit einem halben Jahrhundert wird Kazans Leistung von seinem Verhalten am 10. April 1952 überschattet. Während Stars wie Humphrey Bogart mutig gegen die Hexenjagd ankämpften, trat er als reuiger Ex-Kommunist vor dem Ausschuß für unamerikanische Aktivitäten des US-Repräsentantenhauses auf und nannte die Namen von Bekannten aus Hollywood, die mit ihm zusammen in der Partei gewesen waren. "Seine wichtigste Lebensleistung trug zu einem der schwersten Verstöße gegen die Bürgerrechte in der Geschichte unseres Landes bei", rügt der Drehbuchautor Bernard Gordon, der seinerzeit selbst auf der "schwarzen Liste" stand und in Hollywood keine Arbeit mehr fand.

Gemeinsam mit anderen Persönlichkeiten aus der Filmwelt hat Gordon ein "Komitee gegen das Schweigen" gegründet, das für den Abend der Oscar-Verleihung zu einer Demonstration aufgerufen hat. Für den Regisseur Abraham Polonsky, der ebenfalls unter der Kommunistenhatz litt, ist dies eine viel zu milde Strafe. "Ich werde mir das ansehen und hoffen, daß jemand auf ihn schießt", sagte er.

Ob einer ein guter Künstler, aber ein schlechter Mensch sein kann, aus dieser Diskussion halten sich Stars wie Marlon Brando, Kirk Douglas oder Paul Newman, die in Kazan-Filmen mitspielten, heraus. Regisseur Steven Spielberg ("Schindlers Liste") ist einer der wenigen, die sich dazu äußerten: "Ich mag die Entscheidung nicht billigen, die Kazan damals traf - was er tat, war unrecht, aber seine Filme bleiben davon unberührt."