Einer der größten Ausfälle aller Zeiten in Indien scheint passé. Am Mittwoch verkündeten die Betreiber die Wiederherstellung der Elektrizität.

Neu-Delhi. Nach dem größten Stromausfall in der Geschichte ist die Energieversorgung nach Angaben des indischen Energieministers Veerappa Moily wieder landesweit hergestellt. Schätzungsweise 620 Millionen Menschen waren am Dienstag zeitweise ohne Strom, nachdem in weiten Teilen des Landes die Stromnetze wegen Überlastung ausgefallen waren. Die Regierung ordnete eine Untersuchung an, um die Ursache der Krise ausfindig zu machen. Moily selbst sagte am Mittwoch, er wolle nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Andere Regierungsvertreter hatten gemutmaßt, die Krise sei von Unionsstaaten verursacht worden, die mehr als die ihnen zustehende Menge an Elektrizität abgefragt hätten.

Nach Regierungsangaben fielen am Dienstag die Netze im Norden, Nordosten und Osten des Landes aus. Indische Medien berichteten, in 19 der 35 indischen Bundesstaaten und Unionsterritorien – darunter auch in der Hauptstadt Neu Delhi – habe es stundenlang keine Elektrizität gegeben. Ein staatliches Stromunternehmen teilte am Dienstagabend mit, dass die Menschen in Neu Delhi und dem Nordosten wieder mit Strom versorgt würden. Im Norden und Osten des Landes gab es dagegen weiter größere Ausfälle.

Mehrere hunderttausend Menschen steckten in Fernverkehrszügen fest, die wegen der Stromausfälle stehengeblieben waren, wie die Nachrichtenagentur IANS meldete. In Neu Delhi brach der Metroverkehr zusammen, Züge wurden evakuiert. Krankenhäuser, Geschäfte und Büros mussten Notstromgeneratoren anstellen. Der internationale Flughafen wurde ebenfalls von Generatoren versorgt. Der Flugverkehr selbst war nicht betroffen.

In den Städten kam es zu Verkehrsstaus, als Ampeln ausfielen. Allein in Neu Delhi wurden 4000 Polizisten eingesetzt, um den Verkehr zu regeln, wie IANS berichtete. Am Abend war die Stromversorgung in den betroffenen Gebieten teilweise wieder hergestellt. Auch die Metro in Neu Delhi rollte erneut.

Bereits am Montag war die Stromversorgung in Nordindien zusammengebrochen, so dass mehrere hundert Millionen Menschen im Dunkeln saßen. Eine Überlastung der Netze könnte die Ursache der Probleme sein – Indien leidet unter Strommangel und veralteter Infrastruktur.

Energieminister Sushil Kumar Shinde machte am Dienstag Bundesstaaten, die mehr als die ihnen zustehende Quote an Strom abgezweigt hätten, für den Zusammenbruch der Netze verantwortlich. Die Behörden versicherten, die Versorgung werde noch am Dienstagabend wieder hergestellt. Der Sprecher der wichtigsten Oppositionspartei, der hindu-nationalistischen BJP, sprach von einem Versagen der von der Kongresspartei geführten Regierung.

Shinde wurde ebenfalls am Dienstag zum neuen Innenminister ernannt. Das Energieressort wird von M. Veerappa Moily zusätzlich zu dessen bisherigen Aufgaben übernommen. Die Kabinettsumbildung stand nicht im Zusammenhang mit den Stromausfällen und war bereits seit einiger Zeit geplant.

Große Stromausfälle in der Vergangenheit

30. Juli 2012: In Indiens Norden bricht das Stromnetz zusammen, 370 Millionen Menschen sind stundenlang ohne Elektrizität.

1. Juli 2012: Schwere Sommerstürme legen in Teilen des Ostens der USA die Energieversorgung lahm. Rund drei Millionen Menschen sind zeitweise ohne Strom.

10. November 2009: Stürme an der Grenze zwischen Brasilien und Paraguay führen dazu, dass 60 Millionen Menschen in Brasilien zwei bis drei Stunden einen Blackout erleben. In Paraguay ist sogar das ganze Land mit sieben Millionen Bürgern von der Stromversorgung abgeschnitten.

Januar bis Februar 2008: Durch Winterstürme stehen vier Millionen Menschen um die chinesische Stadt Xhenzhou fast zwei Wochen ohne Strom dar. Bei den Reparaturen sterben elf Techniker.

4. November 2006: Als in Deutschland ein Hochspannungskabel über einem Fluss abgeschaltet wird, um ein Kreuzfahrtschiff passieren zu lassen, geht für zehn Millionen Menschen in Europa das Licht aus.

18. August 2005: Netzschwankungen führen in Indonesien zur Abschaltung von Kraftwerken, fast 100 Millionen Menschen müssen - teils für mehr als fünf Stunden – auf Strom verzichten.

12. Juli 2004: Nur wenige Wochen vor den Olympischen Spielen erleben mindestens sieben Millionen Menschen in Griechenland einen Stromausfall. Grund sollen zu viele Klimaanlagen gewesen sein.

28. September 2003: Ein Kurzschluss in der Schweiz betrifft auch fast ganz Italien. Bis zu 18 Stunden fehlt rund 55 Millionen Menschen der Strom.

14. August 2003: Beim bislang schwersten Stromausfall in den USA führt eine Kettenreaktion dazu, dass 50 Millionen Menschen in acht US-Staaten und Kanada bis zu einem Tag keine Elektrizität haben.

11. März 1999: Ein Blitz trifft ein Umspannwerk im Brasilien. 97 Millionen Menschen sind fünf Stunden lang ohne Strom.

13. März 1989: Ein magnetischer Sturm über der kanadischen Provinz Quebec führt zur Überlastung des Stromnetzes, rund sechs Millionen Menschen erleben einen neunstündigen Blackout.

13. Juli 1977: In New York fällt durch Blitzschlag für etwa acht Millionen Menschen der Strom aus, die Reparaturen dauern länger als einen Tag, es kommt zu Plünderungen.

9. November 1965: Die USA zweifeln an ihrer Energieversorgung, als beim sogenannten Großen Blackout ein defektes Relais 25 Millionen Menschen in New York und im Nordosten für etwa 14 Stunden von der Stromversorgung abschneidet.

Mit Material von dapd und dpa