Zuletzt stand von Hagens wegen des Rechtsstreits um einen Professortitel im Rampenlicht. Vor Gericht hat er nun einen Sieg errungen.

Münster. Der umstrittene Leichenpräparator Gunther von Hagens durfte seinen chinesischen Professorentitel in Deutschland ohne Einschränkungen führen. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster dem 67-Jährigen am Donnerstag bestätigt. Von Hagens hat damit einen Etappensieg im jahrelangen Rechtsstreit um seinen Titel errungen. Offen ist nach dem Urteil aber, ob sich das Land Nordrhein-Westfalen in die nächste Instanz vorwagt. Der Anatom verlangt vom Land zudem 2,2 Millionen Euro als Schadenersatz; darüber soll in den nächsten Monaten in einem zweiten Verfahren entschieden werden.

Der Erfinder der Leichenschau „Körperwelten“ war im Jahr 1999 in China für die Dauer von fünf Jahren zum Gastprofessor ernannt worden. Das NRW-Wissenschaftsministerium hatte den Heidelberger Mediziner jedoch angewiesen, den Titel „Professor“ in Deutschland nur mit dem Zusatz „RC“ oder „VRC“ für China zu tragen. Das Ministerium war damals bundesweit für Genehmigungen zum Führen ausländischer Titel zuständig. Von Hagens ließ das Kürzel weg und handelte sich damit ein Strafverfahren wegen Titelmissbrauchs ein. Von den Vorwürfen wurde er 2007 freigesprochen.

Trotz des Freispruchs wurde von Hagens in den Medien später immer noch als „Hochstapler“ bezeichnet. Diese Vorwürfe wollte der 67-Jährige mit der Klage vor dem Oberverwaltungsgericht endgültig loswerden. Das Gericht hatte dem Mediziner bereits im vergangenen Jahr recht gegeben. Das Bundesverwaltungsgericht (BVG) hatte die Entscheidung aber wegen eines formalen Fehlers kassiert.

+++Gericht: Leichenpräparator ist kein Hochstapler+++

Der Vertreter des Landes wollte sich nach der neuerlichen Niederlage vor dem OVG nicht geschlagen geben. „Wir werden das jetzige Urteil genau prüfen“, kündigte Rechtsanwalt Jost Hüttenbrink am Donnerstag gegenüber dpa an. „Wenn sich an der Begründung in der Sache nichts geändert hat, werde ich empfehlen, in die nächste Instanz zu gehen.“ Revision schloss das Gericht aus – weiter käme das Land also nur mit einer Nichtzulassungsbeschwerde. „Das ist eine Zeitverzögerung“, monierte von Hagens Anwalt Holger Schmitz. „Das BVG kennt die gesamten Argumente.“ Es gebe keine Anzeichen dafür, dass es anders entscheiden werde als das Gericht in Münster.

In einem zweiten Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf hat von Hagens das Land NRW auf 2,2 Millionen Euro Schadenersatz wegen ungerechtfertigter Strafverfolgung verklagt. Der Prozess sei bis zur Entscheidung in Münster ausgesetzt, sagte ein Gerichtssprecher. In den nächsten Monaten solle das Verfahren wieder aufgenommen werden. „Ich bin aber guten Mutes, dass dabei nichts herauskommen wird“, sagte Rechtsanwalt Hüttenbrink, und sprach von „obskuren Forderungen“. Durch den Prozess gegen ihn seien Gunther von Hagens hohe Reisekosten entstanden, weil er damals in China gelebt habe, widersprach Schmitz. Außerdem hätten Kataloge vernichtet werden müssen, auf denen er ohne Zusatz „Professor“ genannt worden sei.

Ursprünglich angedachte Vergleichsgespräche zwischen den Parteien hatten sich vor der Urteilsverkündung am Donnerstag zerschlagen - obwohl der Anatom sich darauf eingelassen hätte, wie sein Anwalt erklärte. „Herr von Hagens hat nicht das Ziel, sich über weitere Jahre zu streiten. Er will das beenden.“ Gunther von Hagens gilt als Erfinder der Plastination, eines Verfahrens zur Konservierung von menschlichen und tierischen Präparaten. Millionen Menschen besuchten die umstrittene Wander-Ausstellung „Körperwelten“. (dpa/abendblatt.de)