Vor knapp zehn Millionen Zuschauern gab der Komiker dem ZDF einen Korb. Engelke und Schöneberger werden als Nachfolger gehandelt.

Leipzig. Das ZDF will es, die Zuschauer wollen es, und Thomas Gottschalk, 61, fände die Idee ohnehin prima. Es gab also keinen Zweifel: Hape Kerkeling, 46, beliebtester Entertainer im deutschen Fernsehen und derzeit dem "Zweiten" ohnehin eng verbunden, wird im nächsten Jahr Europas erfolgreichste Show moderieren. Und dann um kurz nach 22 Uhr dies: "Nein, ich möchte nicht." Später gab Gottschalk seinem quasi designierten Nachfolger eine "letzte Chance", aber dieser wiederholte standhaft: "Ich möchte das nicht." Das Publikum in der Leipziger Messehalle war ebenso verblüfft wie die knapp zehn Millionen Zuschauer (Marktanteil: sehr gute 32,3 Prozent).

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Man darf davon ausgehen, dass ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut nicht erst aus dem Fernsehen von der Absage seines Favoriten erfahren hat. Kerkeling wird ihm seine Beweggründe bereits unter vier Augen mitgeteilt haben. Der Komiker versicherte, dass ihm nicht nur das Angebot, sondern auch der Wunsch der Zuschauer sehr schmeichle, aber er habe andere Pläne: ein Buch schreiben, Dokumentationen wie die derzeit mit Erfolg laufenden Ausflüge in die Weltgeschichte ("Terra X") drehen, und ein Film sei in Planung. Der Westfale ließ sich auch durch Gottschalks Versicherung, "Wetten, dass ..?"-Moderator sei "der schönste Job, den es gibt", nicht erweichen.

Beim ZDF aber heißt es nun "alles auf Anfang": Bellut und sein Unterhaltungschef Manfred Teubner müssen endlich Ersatz für Gottschalk finden. Mit Kerkeling und Jörg Pilawa, 46, haben bereits zwei ebenso bewährte wie beliebte Moderatoren abgesagt; und ausgerechnet auf diese beiden hatte sich Bellut schon recht früh festgelegt. Prompt dreht sich nun wieder das Kandidatenkarussell. Anke Engelke, 45, Barbara Schöneberger, 37, Stefan Raab, 45, sind die Namen, die nun wieder aus dem Hut gezogen werden. Auch Gottschalks Komoderatorin Michelle Hunziker, 34, wird genannt. Die Schweizerin dürfte allenfalls Außenseiterchancen haben. Ihr Charme und ihre Fröhlichkeit tun der Sendung zwar gut, aber dennoch ist fraglich, ob das ZDF ihr zutraut, die Show allein zu stemmen.

Doch das gilt für Hunzikers Mitbewerber nicht minder. Für Stefan Raab wäre die Sendelänge zwar das kleinste Problem, da hat er bei der mitunter bis zu fünf Stunden langen Show "Schlag den Raab" schon ganz andere Herausforderungen gemeistert. Allerdings verkörpert er für das öffentlich-rechtliche Stammpublikum immer noch das Flegelfernsehen der Privatsender. Außerdem genießt Raab bei Pro7 praktisch Narrenfreiheit; kaum zu glauben, dass er freiwillig auf diese verzichtet. Und Barbara Schöneberger beweist zwar nicht erst seit drei Jahren in der "NDR Talkshow" Schlagfertigkeit und Witz, polarisiert das Publikum aber ähnlich wie Raab; vielen Zuschauern geht sie mit ihrer offensiven Art auf die Nerven.

Bliebe noch Anke Engelke. Nach dem Korb von Kerkeling wäre sie die logische Nachfolgerin für Gottschalk. Sie ist die populärste deutsche Entertainerin, hat wie Kerkeling praktisch alle nur möglichen deutschen Fernsehpreise gewonnen. Sie ist ähnlich wandlungsfähig, und sie hat wie er nicht nur Höhenflüge hinter sich. Als gescheiterte "Late Night"-Nachfolgerin Harald Schmidts bei Sat.1 musste sie erleben, wie es sich anfühlt, wenn man im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit steht und die Branche geradezu auf Fehler lauert. Vor allem Engelkes Vielseitigkeit sowie ihre Lust, das ganze Spektrum des Showgeschäfts auszukosten, könnten aber auch sie zur Absage bewegen, denn wie Kerkeling weiß sie ganz genau, was auf sie zukäme: Als Moderatorin von "Wetten, dass ..?" wäre wohl Schluss mit "Ladykracher" und anderen Shows.

Erschwerend kommt hinzu, dass offenbar noch niemand so recht weiß, wie es mit der Sendung weitergehen wird. Thomas Bellut kündigte in der "FAZ" nur an, die Sendung solle künftig von zwei Moderatoren geführt werden. Es gebe aber keine Entscheidung, bevor im Dezember die letzte Ausgabe der Sendung mit Gottschalk gelaufen sei.