Immer mehr junge Leute in Deutschland informieren sich im Internet über Krankheiten. Mediziner warnen vor gefährlichen Irrtümern.

Frankfurt. Zwickt es hier oder schmerzt es dort, fragen junge Leute zuerst Dr. Google. 95 Prozent aller Deutschen zwischen 19 und 25 Jahren informieren sich über Krankheiten im Internet. Das ergab eine repräsentative Online-Befragung unter 1010 Deutschen durch die auf Gesundheitskommunikation spezialisierte Agentur Ogilvy Healthworld in Frankfurt.

Im Zweifel gilt aber auch in dieser Altersgruppe immer noch der bekannte Nachsatz aus der Werbung: Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. In Sachen Vertrauenswürdigkeit erreichen medizinische Erklärungen und Tipps im Internet lediglich 3,7 Punkte auf einer Skala von eins bis sechs. Der Arzt liegt mit 5,2 Punkten vorn, , gefolgt von der Apotheke mit 4,7 Punkten.

+++ Die Erforschung des Internets mit Hilfe von Google +++

+++Google fördert geplantes Institut für Internetforschung+++

+++Google finanziert unabhängiges Internet-Institut+++

Zwar sind Patienten heutzutage interessierter und informierter als früher, die Stellung einer Diagnose sollte aber weiter dem Arzt vorbehalten bleiben, mahnt Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des NAV Virchow-Bundes, in dem sich die niedergelassenen Ärzte in Deutschland organisiert haben. "Nur die direkte Befragung, Untersuchung und Auseinandersetzung mit dem Patienten ermöglicht eine seriöse Indikationsstellung, etwa bei Operationen und anderen eingreifenden Maßnahmen." Nicht umsonst dauert ein Medizinstudium mindestens sechs Jahre.

Die Internetnutzer werden mit den Informationen alleingelassen

"Dr. Google wäre definitiv nicht der Arzt meines Vertrauens", betont Franz-Joseph Bartmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein. So hilfreich eine solche Suchmaschine im Alltag auch sei - bei der Suche nach Informationen zu Symptomen und Krankheiten würden die Nutzer meist mit einer unüberschaubaren und unbewerteten Informationsflut alleingelassen. Schließlich lässt sich zu jedem Symptom auch eine dazu passende schwere Krankheit finden. Das hat Experten zufolge einen gefährlichen Effekt: Je mehr man über seine Symptome und die damit möglicherweise in Verbindung stehenden Erkrankungen liest, desto kränker fühlt man sich - und desto größer wird die Angst. Und Angst ist bekanntlich ein schlechter Ratgeber. Mediziner haben hier bereits einen neuen Patiententypus ausgemacht: den sogenannten Cyberchonder, der sich aufgrund einer Online-Selbstdiagnose für schwer krank hält, in Wahrheit aber nur ein harmloses Zipperlein hat.

Auch das reichweitenstärkste deutsche Gesundheitsportal Netdoktor.de weist seine Nutzer ausdrücklich darauf hin, die dort bereitgestellten Informationen dürften "auf keinen Fall als Ersatz für professionelle Beratung oder Behandlung durch ausgebildete und anerkannte Ärzte angesehen werden". Das Portal informiert mittels eines Lexikons über Symptome, Eingriffe und Medikamente, zudem können sich die Nutzer in Foren zu Themen wie Haarausfall oder Depressionen austauschen. "Wir verbinden topaktuelle, von Experten aufbereitete Gesundheitsthemen mit den individuellen Erfahrungen unserer Nutzer - ein Mix, der sehr gut ankommt", erklärt Geschäftsführer Philipp Graf Montgelas.

Wer Gesundheitsseiten im Internet nutzt, sollte darauf achten, dass der Name des Herausgebers, die vollständige Adresse und eine Kontaktmöglichkeit per Telefon und E-Mail leicht auffindbar und gut lesbar angegeben sind, rät die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Außerdem müsse deutlich werden, ob es sich um einen kommerziellen Anbieter handelt - in diesem Fall sollte auch die Branche erkennbar sein. Garantiert unabhängige Informationen bietet das Portal Gesundheitsinformation.de, das - öffentlich finanziert - vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) herausgegeben wird.

Die klassische Alternative zum Online-Doktor ist der Onkel Doktor

Mit dem afgis-Logo vom Aktionsforum Gesundheitsinformationssystem gibt es sogar ein eigenes Qualitätssiegel für Gesundheitswebseiten. Dieses darf nur führen, wer seine Besucher darüber informiert, aus wessen Feder die Ratschläge stammen. Zudem müssen Werbung und ein kommerzieller Hintergrund der Seite deutlich gekennzeichnet sein.

Ein solcher Webseiten-TÜV ist wertvoll - den gesunden Menschenverstand sollte man aber trotzdem auch im Internet nicht abschalten. Wer sich online über ein Gesundheitsthema informiert, sollte sich nie auf eine einzige Quelle verlassen, sondern immer mehrere Seiten vergleichen. So lassen sich unseriöse Heilversprechen und riskante Therapien am ehesten erkennen. Erste Wahl bleibt aber die klassische Alternative zum Online-Doktor: der Onkel Doktor.