Massenvergewaltigungen, Demütigungen, Missbrauch und Gewalt waren in dem Kinderheim Schloss Wilhelminenberg offenbar an der Tagesordnung.

Wien. Der mutmaßliche Missbrauchsskandal in einem Wiener Kinderheim vor Jahrzehnten weitet sich aus: Neben Massenvergewaltigungen und schwerer Gewalt sollen dort nach Angaben eines ehemaligen Zöglings auch Kinder getötet worden sein. „Kinder sind zu Tode gekommen. Das Opfer hat das sehr authentisch geschildert“, sagte Opferanwalt Johannes Öhlböck am Dienstag in Wien bei einer Pressekonferenz.

Die heute 70 Jahre alte Frau habe von 1948 bis 1953 in dem städtischen Kinderheim Schloss Wilhelminenberg gelebt und sei selbst Zeugin einer Misshandlung gewesen, in deren Folge das Kind starb, so der Anwalt. Sie habe den Namen des Opfers wie des Täters genannt. Die Frau habe zudem von einer Reihe von Todesfällen in der Zeit berichtet, die sie aber nicht mit eigenen Augen gesehen habe.

+++ Weniger Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch +++

Das vermutete unglaubliche Ausmaß an Gewalt in dem Heim über Jahrzehnte war am Wochenende öffentlich geworden, als sich zwei weitere ehemalige Pflegekinder mit dem Anwalt an die Medien wandten: Die beiden Schwestern mit den Decknamen Eva L. (49) und Julia K. (47) berichteten von systematischen Demütigungen, Misshandlungen und Missbrauch in den 1970er Jahren durch das Heimpersonal. Zudem sollen die Erzieherinnen die Mädchen auch an Männer von außen verkauft haben, die dann bei Massenvergewaltigungen in den Schlafsälen über sie herfielen.

Ehemalige Erzieherinnen bestreiten die Vorwürfe oder halten sie für unwahrscheinlich. Opferschutzorganisationen und Historiker halten die jedoch für glaubwürdig. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in mehreren Fällen. Die neue Zeugin, die nun von Todesfällen spricht, habe die Schilderung der beiden Schwestern voll bestätigt, sagte Öhlböck. Die Stadt Wien hatte im vergangenen Jahr eine Kommission zur Untersuchung entsprechender Taten in städtischen Einrichtungen eingesetzt, die nun den möglichen Skandal überprüfen soll.