Am Nachmittag wurde zum dritten Mal ein Brandsatz gefunden. Auf der Strecke Hamburg-Berlin kommt es nachwievor zu Behinderungen.

Berlin/Hamburg. Am Dienstagnachmittag sind in der Nähe des Berliner Hauptbahnhofes erneut weitere Brandsätze entdeckt worden. Der Fundort sei nur wenige hundert Meter von dem Tunnel entfernt, wo am Montag sieben Behälter mit brennbarer Flüssigkeit gefunden wurden, sagte ein Polizeisprecher. Die Machart sei die gleiche wie bei den bisher gefundenen Brandsätzen. Sie seien an beiden Seiten des Bahntrasse mit vier Gleisen deponiert gewesen. Jeder Brandsatz bestehe aus mehreren Behältern mit offenbar brennbarer Flüssigkeit. Ob es sich um Benzin handelt, wollte der Sprecher mit Hinweis auf die Ermittlungen des Landeskriminalamtes nicht sagen.

Der Tunnel wurde laut Bahn gesperrt, Züge wurden umgeleitet. Der Hauptbahnhof selbst war nicht von den Sperrungen betroffen. Erst wenige Stunden zuvor waren am Eisenbahnknotenpunkt Grünau im Südosten der Stadt drei Brandsätze gefunden worden. Sie wurden unschädlich gemacht und sollten kriminaltechnisch überprüft werden. Bahn und Bundespolizei haben die Kontrollen der Gleise verstärkt, seit am Montag ein Brandsatz in Brandenburg Signalanlagen zerstört hatte.

Die Polizei geht von linksextremistischen Tätern aus. In einem Bekennerschreiben zu den Attacken am Montag war ein Bekennerschreiben aufgetaucht. Eine linksextreme Gruppe hatte darin gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan protestiert. In der im Internet veröffentlichten Erklärung hieß es, „Sabotagehandlungen an mehreren Kabelschächten“ sollten die Hauptstadt „in den Pausenmodus“ zwingen.

"Die Deutsche Bahn ist Opfer extremistischer Täter. Unsere Kontrollen haben jedoch gegriffen“, sagte Gerd Neubeck, Leiter der Bahn-Konzernsicherheit am Dienstag. "Grundsätzlich ist und bleibt die Bekämpfung gewaltbereiter Gruppen Aufgabe des Staates.“ Festnahmen gab es bislang nicht, sagte ein Polizeisprecher in Berlin. Verletzt wurde bisher niemand.

Durch den Brandanschlag bei Berlin und die versuchte Attacke am Hauptbahnhof verspäteten sich seit Montag mehr als 300 Züge um teils weit mehr als eine Stunde, einige fielen komplett aus. Betroffen waren hauptsächlich Züge in Berlin und Brandenburg sowie die Strecke Berlin-Hamburg. Durch einen "Dominoeffekt“ kamen auch Fern- und Regionalzüge Richtung Westen und Süden nicht pünktlich an. Kleinere Störungen werde es bis Mittwoch geben, sagte ein Bahnsprecher am Dienstag.

Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sagte in der RBB-Abendschau: "Es ist großer Unsinn, wenn Linksextremisten sagen, dass sie keinem Menschen schaden wollen. (...) Es ist Gewalt gegen uns alle.“ Die Gewerkschaft der Polizei forderte mehr Personal für Verfassungsschutz und polizeilichen Staatsschutz. Die Politik müsse die Warnungen des Verfassungsschutzes ernst nehmen. „Auch der RAF-Terror hat mit der verharmlosenden sogenannten Gewalt gegen Sachen begonnen“, sagte der Bundesvorsitzende Bernhard Witthaut. „Später wurden Menschen ermordet.“

Brandanschlag auf die Bahn am Montag

Am Montag waren Zehntausende Bahnfahrer von den Folgen der Brandanschläge nahe des Berliner Hauptbahnhofs und im brandenburgischen Havelland betroffen, die wichtige Teile des Verkehrsnetzes der Deutschen Bahn lahmlegten. Reisende kamen zu spät zu Terminen, Berufspendler warteten vergeblich auf ihre Züge. Fahrgäste im Fern- und Regionalverkehr mussten auf der Nord-Süd-Strecke lange Wartezeiten und Umleitungen in Kauf nehmen.

Die Bahn verurteilt die Anschläge aufs Schärfste: "Unsere Kunden sollen nach den Bekennerschreiben für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr herhalten. Das ist absolut verantwortungslos", sagt Prof. Gerd Neubeck, Leiter der Konzernsicherheit der DB. "Bei einem Streckennetz von 34.000 Kilometer Länge ist eine flächendeckende Überwachung schlicht unmöglich", gibt Neubeck zu bedenken. "Wir sind zwingend bei der Bekämpfung extremistischer Gewalt auf die staatlichen Ermittlungsbehörden angewiesen. Dies ist nicht Aufgabe der Bahn. Wo wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln und Befugnisse unterstützen können, tun wir dies gerne."

Zunächst hatten in der Nacht zu Montag gegen 3.45 Uhr Brandstifter an der ICE-Strecke zwischen Hamburg und Berlin Feuer in einem Kabelschacht gelegt. Zwischen den Bahnhöfen Finkenkrug und Brieselang wurden Signalanlagen schwer beschädigt, die Strecke musste gesperrt werden. Der Regional- und Fernbahnverkehr in Berlin und Brandenburg wurde dadurch erheblich beeinträchtigt.

Außerdem fand ein Bahnmitarbeiter am nördlichen Ausgang des Tieftunnels am Berliner Hauptbahnhof gegen 11.45 Uhr mehrere verdächtige Gegenstände. Sie enthielten flüssigen Brandbeschleuniger und wurden von der Bundespolizei entschärft. Für etwa eineinhalb Stunden mussten Fern- und Regionalzüge umgeleitet werden, betroffen war der Zugverkehr auf der Nord-Süd-Tangente.

Bahnreisende zwischen Berlin und Hamburg müssen sich bis Mittwoch auf deutlich längere Fahrzeiten einstellen. Züge mit Abfahrt vor Mittwoch, 10 Uhr, sind zwischen beiden Städten voraussichtlich 35 bis 45 Minuten länger unterwegs, weil sie umgeleitet werden. Darauf weist die Bahn Kunden bei der Fahrplanauskunft hin und gibt als Grund "Vandalismus" an.

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