Ein ICE raste an einem halb beschrankten Bahnübergang in einen Traktor und zerfetzte ihn. An Bord des Zuges war auch SPD-Politiker Müntefering.

Lippstadt. Ein ICE ist im westfälischen Lippstadt bei voller Fahrt in einen Traktor gekracht. Der Treckerfahrer konnte sich mit einem Sprung zur Seite retten. Zeugen zufolge hatte der 49-Jährige am Mittwoch einen Bahnübergang überqueren wollen, als sich die Schranken schlossen und der Schnellzug mit Tempo 160 heranraste. Sekunden später kam es zum Crash, wie die Polizei in Soest mitteilte. Als der Mann den ICE kommen sah, ließ er den Trecker auf dem jeweils nur in Fahrtrichtung beschrankten Bahnübergang stehen. Im Zug saßen 200 Reisende, unter ihnen der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering. Zwei Fahrgäste klagten nach der Bremsung über Schmerzen.

Der Polizei bot sich am Unfallort ein wüstes Bild: Tausende Trümmerteile des Traktors waren auf Schienen und in der Nähe geparkte Autos geflogen, sein Motor lag hundert Meter entfernt auf den Gleisen. Die Ladeschaufel des Traktors steckte in der Front des Schnellzugs, der in Richtung Paderborn unterwegs gewesen war. An Zug und Traktor entstand ein Schaden von rund 560.000 Euro.

Der Treckerfahrer habe unter Schock gestanden, berichteten die Beamten. Zunächst blieb deshalb unklar, wieso der Traktor es nicht rechtzeitig über die Schienen geschafft hatte. „Möglicherweise gab es eine Panne“, erklärte ein Polizeisprecher.

Der Fahrer hatte Glück im Unglück: Ähnliche Zusammenstöße waren in NRW in der Vergangenheit schlimmer ausgegangen. Als eine Regionalbahn Ende März im westfälischen Gronau in einen Mehllaster krachte, wurden 14 Menschen verletzt. In Ibbenbüren kamen im August 2010 drei Menschen ums Leben, als ein Autofahrer eine geschlossene Bahnschranke umkurvte und sein Wagen von einem Zug erfasst wurde.

Nach dem Unfall am Mittwoch sollte die Bahnstrecke zwischen Lippstadt und Paderborn bis zum Abend gesperrt bleiben. Zwei Nahverkehrslinien waren betroffen. Der RE 1 nach Aachen fuhr einem Bahnsprecher zufolge nur bis Hamm. Die Eurobahn richtete als Ersatz für die Regionalbahn 89 zwischen Lippstadt und Geseke einen Busnotverkehr ein. Die Fahrgäste des Schnellzugs, der einmal am Tag von Darmstadt über Köln, Dortmund und Kassel nach München fährt, mussten mit Bussen und Taxen weiterfahren.

Auch SPD-Politiker Franz Müntefering konnte seine Reise zu einem Termin fortsetzen. Er sei wohlauf, erklärte sein Bundestagsbüro in Berlin. Der 71-Jährige hat Erfahrung mit brenzligen Situationen im Verkehr. Vor knapp zwei Jahren war er an Bord eines Flugzeugs, das auf dem Stuttgarter Flughafen notlanden musste.