Das Amtsgericht in Chemnitz stellte das Strafverfahren gegen die Wirtsleute aus dem Vogtland ein. Sie müssen aber 3000 Euro Buße zahlen.

Plauen. Wie groß das Fleisch auf dem Teller in einem Restaurant sein darf, entschied das Amtsgericht Chemnitz zwar nicht. Im sogenannten Schnitzelkrieg von Plauen fällte es aber ein Urteil - salomonisch, einem königlich bayerischen Amtsgericht würdig.

Betriebsprüfer werfen dem Gastronom vor, Essen schwarz verkauft zu haben

Das Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung gegen der Wirt Gerhard Kaltscheuer sowie seine Lebensgefährtin und Lokalinhaberin Regina Unger wurde gestern zwar eingestellt. Das Gericht sah eine geringe Schuld bei den Angeklagten. Beide müssen aber 3000 Euro Buße zahlen, damit die sächsische Justiz die Wirtsleute aus dem vogtländischen Hammerbrücke ziehen lässt.

Der gebürtige Rheinländer, 50, und seine 53 Jahre alte Freundin waren bei einer Steuerprüfung ins Visier des Fiskus geraten. Die Finanzbeamten warfen den Gastronomen vor, mehrere Hundert Essensportionen schwarz verkauft zu haben. Der Prüfer sieht anhand von Belegen, wie viel Rohmaterial, also Nahrungsmittel, ein Wirt eingekauft und wie viele Portionen er daraus verkauft hat. Die Portionsgröße wird nach gängigen Werten berechnet. Was allerdings gängig ist, entscheidet das Finanzamt. Nach dieser Einschätzung hätte die Schnitzelstube deutlich mehr Umsatz machen müssen.

Die Wirtsleute entgegneten, ein Steuerprüfer habe falsche Schnitzelgrößen zur Grundlage seiner Berechnung gemacht. Sein Lokal liege nun mal ziemlich abgelegen. "Da muss man dem Kunden schon was bieten für sein Geld, wenn er extra von der Bundesstraße abbiegt." Kaltscheuer konnte vor dem Amtsgericht aber nicht nachweisen, dass seine Schnitzel mit durchschnittlich 200 Gramm auf den Teller kommen. Der Finanzprüfer war von einer Schnitzelgröße von 160 Gramm ausgegangen. Auch die Nudelportionen setzten beide Parteien unterschiedlich an.

Kaltscheuer hat mal nachgerechnet. "Von der ursprünglichen Höhe für eine Steuernachzahlung ausgehend, nämlich 38 000 Euro", sagt er, "hätten wir täglich 270 Gerichte verkaufen müssen." Sein Bistro zähle vielleicht 60 Gäste. An guten Tagen. Im Herbst hatte der streitbare Gastronom deshalb in Plauen eine Demo gegen das Amt veranstaltet. So wie ihm gehe es vielen Kollegen, hatte er argumentiert. Er sei kein Einzelfall, es sei "typisch, dass das Finanzamt die Kleinen ruiniere, weil sie an die Großen nicht rankämen".

Der beklagte Kaltscheuer, der ursprünglich 9000 Euro Strafe zahlen sollte, erklärte vor Gericht, dass er die gegen einen Betriebsprüfer des Finanzamtes erhobenen Vorwürfe ("die wollen mich ruinieren") bedauere und nicht wiederholen werde. Die Forderung des Finanzamtes in Höhe von 26 000 Euro bleibt jedoch bestehen.

Nach Auffassung der Richterin war die Steuererklärung zwar falsch, die Forderung des Fiskus aber zu hoch angesetzt - ohne allerdings sagen zu können, um welche Beträge es sich dabei im Einzelnen handelt. Der Schnitzelkrieg wird nun das Finanzgericht in Leipzig beschäftigen. Einer der Verteidiger der Wirtsleute hat vor dem Gericht gegen den Steuerbescheid des Plauener Finanzamtes Klage eingereicht.

Kaltscheuer fürchtet, dass er jetzt Insolvenz anmelden muss

Das Paar hatte die "Futterstube" 2006 als eigenen Laden eröffnet, davor hatte es ein anderes Gebäude für die Wirtschaft gepachtet. Mittlerweile schreibe das Bistro bescheidene schwarze Zahlen, aber natürlich seien noch Kredite offen. Kaltscheuer fürchtet, dass er jetzt Insolvenz anmelden muss: "Wenn wir das Geld wirklich zahlen sollen, können wir zusperren." Allerdings hat der Wirt durch seinen Schnitzelkrieg so viel Berühmtheit erlangt, dass der eine oder andere Neugierige vielleicht von der Bundesstraße abfährt, um sich im schönen Vogtland mal so richtig satt zu essen.