Morgen beginnt Prozess gegen Stardesigner. Lagerfeld sieht Modewelt diskreditiert

Paris. "I love Hitler": Mit diesen drei Worten ruinierte der britische Modeschöpfer John Galliano, 50, im vergangenen Winter seine Karriere. Von Morgen an muss sich der Brite wegen seiner "Nazi"-Äußerungen vor einem Pariser Strafgericht verantworten. Ihm drohen bis zu sechs Monate Haft.

Die 35-jährige Jüdin Géraldine Bloch und ihr Lebensgefährte Philippe Vigitti, 41, sowie eine weitere Frau haben den ehemaligen Dior-Designer angezeigt. Der Diplom-Schneider ist nun angeklagt, sie in der bekannten Brasserie "La Perle" in der französischen Hauptstadt übelst beschimpft zu haben.

"Dreckiges Judengesicht", ist nur einer der Ausdrücke, die gefallen sein sollen. "Leute wie Sie sollten tot sein. Ihre Mütter, Vorfahren sollten alle verdammt vergast sein", hat er angeblich einer der Frauen an den Kopf geworfen. Es gibt ein belastendes Video, mit einem Handy gefilmt. Es zeigt einen Mann, der Galliano sehr ähnlich sieht und in jener Szenebar pöbelt. Es ging bei YouTube um die Welt. Unklar blieb, wer den Film aufgenommen hat.

Wird der Prozess der traurige Schlussstrich unter einer großen Karriere sein? Oder steht am Ende vielleicht doch noch die Chance für einen Neuanfang? Das ist die Frage, die sich die Modewelt in dieser Woche stellt. Kaum einer glaubt nämlich, dass Galliano wirklich ein Hitler-Verehrer und Judenhasser ist. Viele sehen seine Suchtprobleme als Hintergrund des Skandals.

"Alles, was er bislang geleistet hat, zeigt, dass er kein Rassist ist. Im Gegenteil", kommentierte Kollege Jean-Paul Gaultier, 59. "Es ist traurig, denn er hat viel Talent", fügte er hinzu. "Wir haben beobachtet, wie er Schritt für Schritt seit dem Tod seines engsten Mitarbeiters abbaute und sich in den Alkohol flüchtete", kommentierte der französische Branchenkollege Christian Lacroix, 60, den Vorfall. Er hat eine Wohnung nur ein paar Hundert Meter entfernt von der von Galliano.

Gallianos Arbeitgeber Dior zeigte allerdings keine Nachsicht. Am 1. März feuerte er seinen langjährigen Designer. Die letzte Kollektion wurde in Abwesenheit ihres Schöpfers präsentiert. Bei einer Rede zur Schau verwies Dior-Chef Sidney Toledano auf die Werte des Hauses und sprach sich gegen jede Form von Antisemitismus aus - aus "Respekt vor den Opfern des Holocaust und der Würde aller Menschen". Er erinnerte auch daran, dass die Schwester des Gründers Christian Dior einst nach Buchenwald deportiert worden sei. Toledano nannte die Situation "eine Prüfung für das Haus" und widmete die Kollektion den Nähern oder Stickern, die sie gefertigt hatten.

Nach Angaben seines Anwalts wird Galliano bei der Gerichtsverhandlung erneut um Verzeihung bitten und auf seine Alkohol- und Medikamentenprobleme verweisen. "Er ist weder Antisemit noch Rassist", zitierten französische Medien einen Anwalt der Promikanzlei Olivier Metzner. Das, was er gesagt habe, habe nichts mit dem zu tun, was er denke. Immerhin soll Galliano während der Pöbeleien einen Blutalkoholwert von 1,1 Promille gehabt haben. Er hat eine Entziehungskur gemacht.

Einer der wenigen Kollegen, die offen gegen Galliano wetterten, war zuletzt Karl Lagerfeld, 73. "Dieses Bild ist einmal um die Welt gegangen. Es wirft ein schreckliches Bild auf die Mode, weil die Leute glauben werden, alle Designer und die gesamte Modewelt seien so", sagte er der Modefachzeitschrift "Women's Wear Daily".