Die Strahlenkrankheit droht ab einer Dosis von 500 Millisievert pro Stunde

Hamburg. Noch ist nicht abzusehen, wie viele Menschen in Japan infolge der Atomkatastrophe gesundheitliche Schäden davontragen werden, da unklar ist, welchen Strahlenbelastungen die Arbeiter im Kraftwerk und die Menschen in der Umgebung bis zur Evakuierung tatsächlich ausgesetzt waren. Nach Angaben der Gesellschaft für Anlagen und Reaktorsicherheit, die auf Daten des Kraftwerksbetreibers Tepco zurückgreift, sind bisher aber wohl nur niedrige Dosen Strahlung ausgetreten.

Bis zum 15. März wurden am Haupttor des Kraftwerks weniger als zwei Millisievert (mSv) pro Stunde gemessen, bis zum 17. März traten Strahlendosen von bis zu zwölf mSv pro Stunde auf. Im Reaktor selbst sollen nach anderen Meldungen allerdings bis zu 400 mSv pro Stunde gemessen worden sein. Zum Vergleich: Zwei Millisievert beträgt die Dosis, der jeder Mensch in Deutschland pro Jahr ausgesetzt ist, etwa durch medizinische Untersuchungen (Röntgendiagnostik) und natürliche radioaktive Stoffe in Böden, Gesteinen und Baumaterialien.

Ab welcher Dosis ist radioaktive Strahlung gefährlich und wie wirkt sie auf den menschlichen Körper? Eine Gesundheitsgefährdung bestehe in der Regel erst, wenn Menschen wenige Stunden einer Dosis von mehr als 500 mSv ausgesetzt seien, sagt Prof. Ekkehard Dikomey, Leiter des Labors für Strahlenbiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Eine akute Folge könne die Strahlenkrankheit sein, bei der Körperzellen absterben. Betroffen sei dann vor allem der Magendarmtrakt, die Verdauung sei gestört, es komme zu Durchfall und Krämpfen. Die Betroffenen litten oft auch unter Kopfschmerzen und Müdigkeit, ihre Symptome seien vergleichbar mit einer schweren Grippe, sagt Dikomey. Zudem schädige die Strahlung das Immunsystem, was die Betroffenen später anfälliger für Infektionen mache. Ein Teil der Beschwerden könne verschwinden. Als Spätfolge könne Krebs auftreten. Fünf bis zehn Prozent der Betroffenen stürben infolge der Belastung. Als lebensgefährlich gelte radioaktive Strahlung erst ab einer Dosis von 4000 mSv, hier sterbe die Hälfte der Betroffenen innerhalb weniger Wochen.

Vor diesem Hintergrund seien in Japan nach bisherigem Stand wahrscheinlich nur die Menschen durch Strahlung gesundheitlich bedroht, die in dem Unglückskraftwerk gearbeitet hätten, sagt Prof. Dikomey. Hoffnung machen kann der Strahlenbiologe diesen Arbeitern aber nicht: "Wenn ein Mensch radioaktive Substanzen wie Jod-131, Cäsium-137 oder Strontium-90 aufgenommen hat, lässt sich daran medizinisch nichts ändern."