Behörden sprechen vom schlimmsten Sturm seit “Katrina“. Neun Meter hohe Wellen vor der Nordostküste nahe Cairns.

Sydney. Der tropische Wirbelsturm "Yasi" hat die australische Ostküste südlich von Cairns in der Nacht zum Donnerstag (Ortszeit) mit Windstärken von knapp 290 Kilometern pro Stunde getroffen. Mit einem Zentrum von 400 Kilometer Durchmesser und eine Stärke der Kategorie fünf entsprach der Orkan der Gewalt von Hurrikan "Katrina", der 2005 die amerikanische Stadt New Orleans verwüstete.

Das Auge des Sturms erreichte das Festland von Queensland zwischen Innisfail and Cardwell. Weil der Zyklon über der Landmasse sein Zugtempo auf 25 Kilometer pro Stunde verringerte, hielt er sich umso länger über der dicht besiedelten Küstenregion. Der Wind heulte in der Lautstärke eines startenden Düsenjets. Bevor "Yasi" die Messgeräte für die Wellenhöhe zerstörte, wurden vor Townsville neun Meter hohe Wellen gemessen, Wohnhäuser liefen bis zum ersten Stock voll Wasser. Sintflutartiger Regen jagte beinahe waagerecht über Land, Bäume fielen, Fenster und Türen hielten dem Winddruck nicht stand, Dächer und Gebäudeteile flogen durch die Luft. Solange die Mobilfunkmasten noch standen, gingen in den Notrufzentren Hilferufe ein, doch während der Sturm tobte, konnten keine Hilfskräfte ausrücken.

Mit den Einheimischen sitzen auch viele Touristen fest, die von Cairns oder Townsville aus gern zu Tauchtouren ins Great Barrier Reef starten. Der deutsche Urlauber und Hobbytaucher Franz Konrath, 52, hat sich in einem Hotel in Cairns in Sicherheit gebracht. "Der Zyklon ist das größte Ding, das jemals auf Australien zugekommen ist", habe ihn der Kapitän eines Tauchbootes gesagt. Er selber habe keine Angst, "aber schon ein mulmiges Gefühl".

Die Australierin Tracey Forde hatte für sich und ihre Kinder einen der letzten Plätze in einer Notunterkunft in Cairns ergattert. "Es ist so beängstigend", sagte sie im Rundfunk. "Man weiß einfach nicht, was kommt. Wir hoffen, dass wir in zwei Tagen noch hier sind." In Tully in der Nähe von Innisfail sah Ross Sorbello, wie der Wind die Bäume aus dem Boden riss. "Wir beten, dass wir es durch die Nacht schaffen", sagte er. "Häuser können wir wieder aufbauen, jetzt geht es ums Überleben."

Die Behörden ahnten schon im Vorfeld, was der Gegend südlich von Cairns bevorstand. In dem Gebiet leben rund 300 000 Menschen. Es war bekannt, dass der Zeitpunkt von "Yasis" Landfall mit einer Flut zusammentreffen und daher Wellen in Höhe von sieben Metern über den Pegelhöchstständen auslösen würde. Also forderten die Behörden gestern rund 35 000 Küstenbewohner zwischen Cairns und Townsville auf, ihre Häuser zu verlassen und im Inland Schutz zu suchen. Viele kamen bei Familienmitgliedern oder Freunden in höher gelegenen Gegenden unter, die Evakuierungszentren waren mit 11 000 Schutzsuchenden schnell überfüllt. Viele brachten nur das nötigste an Lebensmitteln und Medikamenten mit, ihr Hab und Gut mussten sie ebenso zurücklassen wie ihre Haustiere.

Die Kranken in den Spitälern wurden im Vorfeld ausgeflogen, die Flughäfen von Cairns und Townsville danach ebenso geschlossen wie Häfen, die Elektrizitätsversorgung großräumig eingestellt. Die Hilfskräfte wollten Unfälle mit unter Strom stehenden Kabeln von vornherein ausschließen.

Um 15.30 Uhr unserer Zeit war es dann so weit. Die Katastrophe nahm ihren Lauf. Die Bürger wurden aufgefordert, "sich einzubunkern" und die kommenden 24 Stunden an Ort und Stelle zu bleiben. "Die Wellen und der Wind - das ist einfach unglaublich", berichtete Robert White, der in Townsville in Strandnähe in einem Haus im vierten Stock wohnt. "Wir haben von oben bis unten Glas und hoffen, dass das hält. Wir haben schon unsere Couch und andere Möbel vor die Fenster und Glastüren gerückt." Queenslands Ministerpräsidentin Anna Bligh sagte: "Bereiten Sie sich auf 24 harte Stunden vor. Wir sehen uns einem Sturm mit katastrophalen Proportionen ausgesetzt." 4000 Soldaten und die Marine wurden abkommandiert, um möglichst schnell Hilfe zu leisten.