Der Vorgänger von Papst Benedikt XVI. wird am 1. Mai seliggesprochen. Das Oberhaupt der katholischen Kirche soll ein Wunder vollbracht haben.

Rom/Vatikanstadt. „Santo subito.“ Auf Spruchbändern und in Sprechchören wird die sofortige Heiligsprechung des beliebten Papstes aus Polen gefordert. Das war am 8. April 2005, als auf dem Petersplatz Millionen Gläubige Abschied von dem gestorbenen Johannes Paul II. nahmen. Die Messe leitete Joseph Ratzinger, der Mann, der sein Nachfolger werden sollte – wobei ihm viele das Charisma des Karol Wojtyla absprachen.

Aber Benedikt XVI. erhört die Massen : In Rekordzeit und nach beschleunigtem Verfahren wird Vorgänger Wojtyla am 1. Mai feierlich seliggesprochen. Der Weg dafür ist nun frei, und heilig dürfte Johannes Paul II. auch werden.

Auf eine der gewaltigsten Beisetzungsfeiern in der Geschichte der katholischen Kirche folgt also gut sechs Jahre später am Sonntag nach Ostern ein Anerkennungsakt, der sicherlich wieder die Massen anzieht. Dabei hatte der „eilige Vater“, wie der reisefreudige Pole aus Krakau gern genannt wurde, selbst in seiner langen Amtszeit (1978-2005) die ungeheure Zahl von etwa 1800 Selig- und Heiligsprechungen abgesegnet - und so alle Statistiken über die Jahrhunderte weit in den Schatten gestellt. Jetzt wird er selbst selig gesprochen, rascher sogar als Mutter Teresa aus Kalkutta, wie Kenner sofort nachrechneten.

Joseph Ratzinger, der lange im Schatten des populären Vorgängers stand und der über die Glaubenskongregation der mächtigste Verbündete war, erhörte jedenfalls die glühenden Verehrer seines Vorgängers. Er eröffnete nach nur drei Monaten das Verfahren der Seligsprechung für den Polen, der durch sein mediales Auftreten und seine lange Krankheit – er litt unter Parkinson – die Herzen der Menschen erobert hatte. Was normalerweise nach all den strengen Prozeduren des Vatikans erst nach fünf Jahren in Gang kommen kann, stieß dann aber doch auch auf Hindernisse. Das bestätigt nur, was der Präfekt der zuständigen Kongregation, Kardinal Angelo Amato, sagt: „Der Fall ist von uns so wie alle anderen abgewickelt worden.“

Ins Stocken geriet alles zunächst, weil Zweifel an der Genesung jener französischen Ordensfrau aufgekommen waren, deren Wunderheilung Johannes Paul nach der Erlösung von seinem Parkinson-Leiden bewirkt haben soll. Marie Simon-Pierre sei plötzlich von eben dieser Krankheit befreit gewesen, nachdem der tote Papst in Gebeten um Hilfe angefleht worden war. Die Akte wurde neu aufgerollt, bis dann die Medizinerkommission die Heilung doch bestätigte. Manche nannten als Hindernis auf dem Weg zur Seligkeit auch die enge Bindung Wojtylas an den pädophil-kriminellen Marcial Maciel, den Gründer der umstrittenen Legionäre Christi. Aber was heißt bei diesem Tempo noch Verzögerung?

Der erste nichtitalienische Papst nach viereinhalb Jahrhunderten hatte auf seinen mehr als 100 Reisen in alle Welt der katholischen Kirche eine neue Lebendigkeit gegeben. Bei einem Attentat auf dem Petersplatz 1981 entging er wie durch ein Wunder nur knapp dem Tod. Johannes Paul II. betrieb erfolgreich eine Aussöhnung mit anderen Religionen, bekannte Sünden seiner Kirche in der Vergangenheit. Er blieb aber in Glaubens- und Moralfragen hart, überließ es oft seinem Kardinal Ratzinger, die konservativsten Positionen zu untermauern. Dieser sieht sich als Papst denn auch in der Kontinuität Wojtylas.

Im Petersdom laufen bereits Vorbereitungen, um den seligen Johannes Paul aus der Grotte des Vatikans in ein Grab der Kapelle des Heiligen Sebastian umzubetten. Dort wird poliert und zurechtgerückt, während Statuen der Päpste Pius XI. und Pius XII. in der Kapelle auf die Arbeiter blicken. Das Grabmal des Karol Wojtyla wird im rechten Domteil liegen, unweit des Eingangs. Und das hat seinen logistischen Sinn. Denn so kann der absehbare Ansturm der Pilger und Gläubigen zu Johannes Paul II. leichter gesteuert werden. Geöffnet wird sein Sarg indessen nicht. Schlichter Marmor umschließt ihn. Darauf wird stehen, was viele schon lange erhofft haben: „Der Selige Johannes Paul II.“