Mindestens 27 Flüchtlinge ertranken, als ihr Schiff bei stürmischer See an den Klippen vor der Weihnachtsinsel zerschellte.

Sydney. Drama vor der australischen Küste: Bei einem Bootsunglück sind mindestens 27 Menschen ertrunken. Bei stürmischer See zerschellte am Mittwoch vor den Augen hilfloser Einwohner ein Flüchtlingsboot aus Holz an den Klippen der Weihnachtsinsel im Nordwesten Australiens. Die Organisation Fliegende Ärzte befürchtete bis zu 50 Tote unter den Insassen, die offenbar aus dem Irak oder dem Iran stammen und im Ausland Asyl suchten.

Stundenlang spielten sich vor der Weihnachtsinsel dramatische Szenen ab: Aufgeschreckt von den Schreien der Flüchtlinge seien er und andere Bewohner an die Felsküste geeilt, erzählte Augenzeuge Simon Prince. Eine Stunde lang sei das klapprige Boot nach einem Motorausfall auf den hohen Wellen umhergetrieben. Ein Mann habe sich noch durch einen „unglaublichen Sprung“ retten können, bevor das Holzschiff an einem Felsen zerschellte.

Augenzeugen zufolge war das notdürftig zusammengezimmerte Boot vollbesetzt. Unter den Passagieren seien zahlreiche Familien gewesen, darunter viele Kinder. Einige Flüchtlinge hätten apathisch und völlig erschöpft von der gefährlichen Überfahrt an Deck des Boots gelegen, als es auf den Felsen lief. Simon Prince zufolge wurden auch zahlreiche Flüchtlinge durch die Wucht der Wassermassen gegen einen „scharfkantigen Sandstein geschleudert“.

Die Bewohner mussten das Unglück fast hilfslos mitansehen: Während Marine-Angehörige versuchten, mit Schlauchbooten den Wellen standzuhalten und zu den Opfern vorzudringen, bildeten die Einheimischen eine Menschenkette und versuchten, Seile und Schwimmwesten den Flüchtlingen zuzuwerfen. Die raue See trieb die Rettungsutensilien allerdings immer wieder zurück. „Die Tragödie ging weiter und wir mussten mitansehen, wie Menschen ertranken“, sagte Augenzeuge Phillip Stewart.

Nach Angaben des Grenzschutzes wurden bis zum frühen Abend mindestens 27 Leichen aus dem Wasser geborgen. Insgesamt 42 Menschen hätten überlebt. Es war aber unklar, wieviele Menschen an Bord des überfüllten Flüchtlingsbootes waren.

Der Rettungseinsatz dauerte vorerst bis zum Einbruch der Dunkelheit an. Die Organisation Fliegende Ärzte barg mit einem Spezial-Flugzeug drei Schwerverletzte aus dem Wasser, zwei Männer mit Kopfwunden und eine Frau mit Verletzungen am Unterleib. „Wir nehmen an, dass etwa 50 Menschen tot sind und 33 verletzt wurden, aber das ist nicht bestätigt“, sagte Sprecherin Lesleigh Green.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR erklärte, das Flüchtlingsdrama sei „eine tragische Erinnerung an die Gefahr, der sich Menschen auf der Flucht vor Verfolgung und Menschenrechtsverletzung in ihrer Heimat aussetzen“. Den Menschen müssten „brauchbare Alternativen“ geboten werden, damit sie sich nicht auf solch halsbrecherische Reisen begäben, erklärte der australische Chef von Amnesty International, Andrew Beswick.

Tausende Asylsuchende aus dem Irak, aus Afghanistan und Sri Lanka haben in diesem Jahr bereits die gefährliche Überfahrt nach Australien gewagt. Die Weihnachtsinsel, die zum Großteil aus einem Nationalpark besteht und von Regenwald bewachsen ist, liegt rund 2650 Kilometer nordwestlich von Perth im Indischen Ozean. Dort steht Australiens größtes Auffanglager für Asylsuchende. Der Komplex wurde 2006 eröffnet und beherbergte im Oktober mehr als 2000 Asylsuchende, die vor der Küste des Landes aufgegriffen wurden und auf ein besseres Leben hoffen.