Sein neuer Anwalt Johann Schwenn kann Erfolge bei Vergewaltigungsklagen vorweisen

Mannheim. Wer dachte, im Fall Kachelmann nun wirklich alles an Skurrilität erlebt zu haben, irrte. Dass Hauptanwalt Reinhard Birkenstock und der Karlsruher Jurist Klaus Schroth nach drei Monaten im Verfahren plötzlich aussteigen, überbietet alles bisher Geschehene. Der einer Vergewaltigung beschuldigte Schweizer hat die beiden renommierten Juristen, wie es scheint, nach drei Monaten und mitten im Prozess hinausgeworfen.

Kachelmanns neuer Verteidiger Johann Schwenn, 63, aus Hamburg gilt als streitbar und hat so manch spektakulären Prozess bestritten. Zu seinen Mandanten zählten unter anderen Jan Ullrich, Markus Wolf, Marion Gräfin Dönhoff, Wolf Biermann oder Gregor Gysi.

Es wird nicht ausgeschlossen, dass die Kosten Kachelmann zu hoch werden

Zunächst hatte Rätselraten darüber geherrscht, was Birkenstock nach 15 Verhandlungstagen zu dem Schritt bewogen haben könnte. "Aus berufsrechtlichen und prozessualen Gründen stehe ich zu keiner weiteren Auskunft in dieser Sache mehr zur Verfügung", gab er sich spröde. Kein Hinweis auf "persönliche Gründe", etwa seinen Gesundheitszustand. Birkenstock ist 65 und ein starker Raucher.

So wurde zunächst spekuliert, der Rückzug - oder Rauswurf - könnte an den Kosten liegen. Birkenstock hat mehrfach augenzwinkernd angemerkt, eine gute Verteidigung komme nicht billig. Nachdem nun 19 weitere Verhandlungstage angesetzt wurden, so die Mutmaßung, könnten die finanziellen Möglichkeiten Kachelmanns an ihre Grenzen gestoßen sein. Denn da der Wettermann den Strafverteidiger und Schroth freiwillig als Anwälte berufen hat, bekäme er die Kosten für sie nicht einmal erstattet, wenn der Prozess mit einem Freispruch enden würde. Auch die zahlreichen, vom Verteidigerteam beauftragten Gutachter muss Kachelmann finanzieren.

Zu den zahlreichen Hinweisen jedoch, dass Birkenstocks Rückzug nicht freiwillig war, zählt nicht zuletzt das Aus auch für Kachelmanns zweiten Verteidiger Schroth. Für ihn kam ebenfalls unerwartet das Ende seines Mandats. "Ich habe am Montag eine E-Mail von Herrn Kachelmann erhalten, in der sich dieser für die Zusammenarbeit bedankte und mich bat, mein Mandat niederzulegen", sagte Schroth.

Die Nachricht habe ihn "überrascht", er war bereits dabei, sich auf den heutigen Prozesstag vorzubereiten. Schroth hatte sich gut mit Kachelmann verstanden. Eine Erklärung hat er nicht. "Kritik an meiner Arbeit hat es nie gegeben." Auch zwischen Birkenstock und Kachelmann seien ihm nie größere Spannungen aufgefallen.

"Aber ich kenne auch die Ratgeber von Herrn Kachelmann nicht." Damit deutete Schroth an, dass der Schweizer seine Entscheidung nicht allein gefällt habe. "Möglicherweise will Herr Kachelmann eine andere Strategie." Beobachter halten es für denkbar, dass Kachelmann Schwenn in das Team hinzuziehen wollte und Birkenstock das nicht akzeptierte.

Bereits im Juli wurde Birkenstock ein Hamburger Anwalt empfohlen

Dahinter könnte eine Geschichte stecken, die mit der "Zeit"-Gerichtsreporterin Sabine Rückert zu tun hat. Ihr war es einst gemeinsam mit Schwenn gelungen, einen Justizirrtum aufzuklären - eine fälschliche Bezichtigung der Vergewaltigung. Am 24. Juni veröffentlichte sie eine Reportage zum Fall Kachelmann. Ihr Fazit: Kachelmann wäre längst frei, wenn er einen anderen Anwalt hätte. Die "Frankfurter Rundschau" berichtete im Juli, Rückert habe Birkenstock zuvor in einer Mail empfohlen, einen Hamburger Kollegen hinzuzuziehen. Dabei wurden keine Namen genannt, doch sehr wahrscheinlich handelte es sich um Schwenn. Rückert teilte dagegen mit, dass Birkenstock ihr Akten angeboten habe, doch "als Herr Birkenstock lieber allein weiterwursteln wollte, habe ich keinen Grund gesehen, die Kommunikation fortzusetzen".

Nun hat Kachelmann doch Schwenn verpflichtet - ein Hinweis darauf, dass er mit dem Verlauf des Verfahrens nicht zufrieden ist. Mit Spannung erwarten die Prozessbeobachter, welche Strategie Schwenn einschlägt.