Harter Schlag gegen die Cosa Nostra und Camorra. Polizei beschlagnahmt in der “Operation Iblis“ 400 Millionen Euro

Rom. Der Ätna raucht weiter ruhig vor sich hin, doch nach der Verhaftung von knapp 100 Mafiosi in ganz Italien werden die Clans weniger gut schlafen. Spezialeinheiten der Polizei haben 47 Mitglieder der sizilianischen Cosa Nostra festgenommen, während in Neapel 50 Gefolgsleute der örtlichen Camorra dingfest gemacht wurden.

Die Staatsanwaltschaft Catania hatte die "Operation Iblis" fünf Jahre lang akribisch vorbereitet. Dabei legte sie ein engmaschiges Netz aus Verstrickungen zwischen Mafia, Unternehmen und Politik frei. Zu den zwischen Sizilien, Latium, Toskana, Emilia Romagna und Venetien Verhafteten gehört daher auch der Regionalparlamentarier Fausto Fagone von den Christdemokraten.

"Die Operation hat die Spitzen der Cosa Nostra nicht nur in Catania ausgelöscht", würdigte der Chef der Spezialeinheit Giampaolo Ganzer die Arbeit seiner Truppe. Die Ermittler seien in allen Wirtschaftszweigen fündig geworden, "von Supermärkten bis zum Bauwesen, von Erdarbeiten bis zum Transportwesen und zur Gastronomie".

Die Staatsanwaltschaft ließ aufgrund der Ermittlungen Vermögen im Wert von 400 Millionen Euro beschlagnahmen. Betroffene Firmen, Immobilien, Autos, Baufahrzeuge und einige der in den vergangenen Jahren wie Pilze aus dem sizilianischen Boden geschossenen Einkaufszentren dokumentieren, wie tief die Mafia in jede Form von Wirtschaftsaktivität verstrickt ist.

Die Ermittler werfen den Festgenommenen u. a. Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Erpressung, Mord, Raub und Drogenhandel vor. Gegen den sizilianischen Gouverneur Raffaele Lombardo und seinen Bruder führt die Staatsanwaltschaft zwar aufgrund der Aussagen von zwei Kronzeugen Ermittlungen. Der Vorwurf, der Politiker sei durch Unterstützung der Mafia an die Macht gekommen, ließ sich mangels Beweisen jedoch nicht belegen. Die Ermittler rekonstruierten jedoch bis ins Detail das Netz, mit dem die Clans die Vergabe öffentlicher Bauaufträge kontrollierten, Konflikte untereinander schlichteten und Familien inhaftierter Mitglieder versorgten.

Neben dem obersten Mafia-Boss von Catania, Giuseppe Ercolano, ging der Sondereinheit der Carabinieri in dem bei deutschen Urlaubern beliebten Ferienort Desenzano am Gardasee auch Francesco Arcidiacono ins Netz. Der Vertreter des Clans Santapaola verwaltete die "Unternehmenskasse", in die drei Prozent eines jeden Auftrags flossen, ob im Bauwesen oder im Energiesektor. Enzo Aiello pflegte demnach seinerseits die Kontakte zu den Unternehmen und führte Buch über deren Zahlungen. Bei Bedarf durften die Firmen Schutzgeld auch in Raten abliefern.

Um Schutzgelderpressung, Wucher und Drogenhandel geht es auch bei der Massenverhaftung von Mitgliedern des Clans Lo Russo in Neapel.

Wie seit dem Mafia-Bestseller "Gomorra" von Roberto Saviano bekannt, kontrolliert die Familie jede Art von illegalem Handel in den nördlichen Vororten. Vier verhaftete Polizisten arbeiteten Hand in Hand mit dem Clan, stöberten Bausünder auf, von denen die Camorra dann Schweigegeld erpresste. Mitunter kam es aber zum Streit zwischen Polizisten und Clan-Mitgliedern über den Anteil der Beamten an der Beute. Bauherren beklagten sich in abgehörten Telefonaten, dass Anzeige erstattet worden sei, obwohl sie gezahlt hätten. "Sie haben eine Anzeige am Hals und wohnen trotzdem mit Gottes Gnade drin, capito?", so ein Mafioso einem Bausünder. "Mach dir keine Sorgen, ich kümmere mich drum."