Piloten gelten als bestens ausgebildet. Ihr guter Ruf hat jetzt in China einen Knacks bekommen: Nicht jeder ist wirklich so erfahren, wie er vorgibt.

Peking. Mehr als 200 Piloten sind in China aufgeflogen, weil sie größere Flugerfahrung vorgetäuscht haben, als sie eigentlich hatten. In ihren Lebensläufen hätten die Piloten die Zahl ihrer Flugstunden oder ihre Erfahrungen mit größeren Maschinen gefälscht, um von Airlines angeheuert zu werden, berichteten chinesische Medien am Dienstag. Solche Manipulationen kämen wegen des Pilotenmangels in Chinas boomender Luftfahrtindustrie häufiger vor. Fluggesellschaften schauten nicht so genau hin, weil sie dringend Piloten bräuchten.

Nach der Bruchlandung mit 42 Toten am 24. August in Yichun im Nordosten hätten die Luftfahrtbehörden eine landesweite Überprüfung der Qualifikationen von Piloten und Technikern eingeleitet. Der Pilot, der die Landebahn um 1200 Meter verpasst hatte, habe einen „ganz einfachen Fehler“ begangen, berichtete die Wirtschaftszeitung „Diyi Caijing“. Er überlebte verletzt. Der 40-jährige habe früher Abfangjäger geflogen und sei vor sieben Jahren kommerzieller Pilot geworden. Nach dem Unglück mit der Maschine vom brasilianischen Typ Embraer ERJ-190 seien seine Flugkünste angezweifelt worden.

Die Erkenntnisse über die Vortäuschung von Flugerfahrungen stützen sich auf Untersuchungen von 2008 bis 2009, wurden aber erst jetzt bekannt. Die Hälfte der Piloten, die wegen ihrer Kunstgriffe im Lebenslauf bestraft worden sind, stand in Diensten der Shenzhen Airlines, der Mutter von Henan Airlines, der die Unglücksmaschine gehörte. „Es kommt nicht selten vor, dass Piloten ihre Lebensläufe manipulieren“, zitierte die Nachrichtenagentur Xinhua Experten.

Gerade Piloten, die häufig die Airline gewechselt hätten, oder ehemalige Militärpiloten, die eher kleinere Luftwaffenmaschinen geflogen hätten, fälschten ihre Biografie, hieß es in den Berichten. Wegen des großen Bedarfs in dem am schnellsten wachsenden Luftverkehrsmarkt der Welt heuerten Fluggesellschaften jeden an, den sie hinter die Steuerknüppel bekommen könnten - egal ob Absolventen von Pilotenschulen oder Veteranen, berichteten Kenner.

Einige Flugschulen unterstützten ihre Schüler noch bei der Fälschung ihrer Lebensläufe, wurde berichtet. Ein Pilot der Shenzhen Airlines wurde in den Staatsmedien zitiert, dass Schüler ihre Flugstunden selbst aufschreiben und nur abzeichnen lassen: „Wenn ich eine gute Beziehung zu dem Lehrer habe, ist es möglich, dass er jedes Mal ein oder zwei Stunden mehr zulässt.“

Fälschungen seien kein Geheimnis unter Fliegern, berichtete auch ein anderer Pilot der „China Daily“. In dem schnellen Wachstum der Luftfahrt in China deckten Militärpiloten die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage. „Bei diesen Piloten ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie ihre Fluggeschichte im Militär fälschen, weil es schwer nachzuverfolgen und zu überprüfen ist“, sagte der Pilot. So könnten sie schneller befördert werden. Die Airlines „schauen nur mit einem Auge hin“, weil sie froh seien, ausreichend Piloten zu bekommen.

Nach den letzten Zahlen gab es Ende 2007 etwa 11 500 Piloten in chinesischen Fluggesellschaften. Bis 2015 soll der Bedarf um mehrere Tausend ansteigen. Scharfe Kritik an der laschen Praxis übte die „China Daily“: „Expansion ohne Sicherheitsgarantien sind nicht nur tödlich für Passagiere, sondern auch für Flugzeugführer. Unqualifizierte Piloten müssen daran gehindert werden zu fliegen.“