Den ersten Sex haben Jugendliche in Deutschland immer später, zeigt eine neue Studie. Und noch eine Entwarnung: Die meisten verhüten

Köln. Von wegen viel zu früh Sex und dann auch noch ungeschützt: Ein weit verbreitetes Urteil über "die Jugend von heute" wird von einer neuen Studie eindrucksvoll widerlegt. Mädchen und Jungen in Deutschland werden seltener früh sexuell aktiv und verhüten heute bereits beim "ersten Mal" besser als je zuvor, ergab die Untersuchung "Jugendsexualität 2010", die die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gestern in Köln veröffentlichte. "Annahmen, wonach immer mehr junge Menschen immer früher sexuell aktiv werden, bestätigen sich nicht", sagte BZgA-Direktorin Elisabeth Pott.

Für die Studie wurden 3542 Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren befragt, darunter 1014 mit Migrationshintergrund. Danach ist die sexuelle Aktivität Jugendlicher seit Mitte der 1990er-Jahre fast unverändert und sogar rückläufig, so Pott. Im Vergleich zur letzten Erhebung im Jahr 2005 sank bei deutschen 14-jährigen Mädchen der Anteil jener, die bereits Geschlechtsverkehr hatten, von zwölf auf sieben Prozent, bei gleichaltrigen Jungen von zehn auf vier Prozent. Bis zum Alter von 17 Jahren hatten mehr als ein Drittel der Jungen und Mädchen noch keinen Geschlechtsverkehr gehabt. Es scheint, als folgten immer mehr in ihrer Beziehung zum anderen Geschlecht der Devise: "Lass uns noch warten, Schatz".

Jungen aus Migrantenfamilien sind früher und damit insgesamt häufiger sexuell aktiv als deutsche Jungen. Mädchen mit Migrationshintergrund sind dagegen deutlich zurückhaltender und begründen das damit, zu jung zu sein.

Die Verhütung nehmen Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren heute ernster als noch vor 30 Jahren: Nur je acht Prozent der Mädchen und Jungen geben an, keine Verhütungsmittel benutzt zu haben. 1980 waren es noch 20 Prozent bzw. 29 Prozent. Das Kondom ist mit Abstand das Verhütungsmittel Nummer eins beim "ersten Mal". Drei Viertel der deutschen Jungen und Mädchen wenden es an. Bei den jungen Migranten verhüten 75 Prozent der Mädchen und 59 Prozent der Jungen auf diese Weise. Mit zunehmender sexueller Aktivität ändert sich das Verhütungsverhalten jedoch. Mädchen verwenden dann häufiger die Pille.

In Familien ist Verhütung heute häufiger Thema als früher. 69 Prozent der deutschen Mädchen und 58 Prozent der deutschen Jungen sprechen ausführlich mit ihren Eltern darüber. Vor 30 Jahren war es nur jedes dritte Mädchen und jeder vierte Junge. In Migrantenfamilien ist dies noch wesentlich häufiger tabu. Für sie gewinnt bei der Wissensvermittlung über Sexualität, Fortpflanzung und Verhütung die Schule immer mehr an Bedeutung.